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Bericht: 60 Jahre Mercedes-Benz 300 (Adenauer) – Der König der IAA

Mit dem Modell 300 präsentierten die Stuttgarter auf der ersten Nachkriegs-IAA in Frankfurt 1951 ein Ausnahme-Automobil, das an die Tradition der sogenannten „Großen Mercedes“ der 1930er Jahre anknüpfte und bei der Bevölkerung Beifallsstürme auslöste wie sonst nur der Sieg bei einem internationalen Sportereignis. Das Gefühl „Wir sind wieder wer“ wurde durch den Mercedes 300 verkörpert wie durch kein anderes Automobil. Ganz besonders als Konrad Adenauer, der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, den Mercedes 300 zur offiziellen Staatslimousine erhob. Dies war die beste Basis für weltweite Exporterfolge.
Zum Referenzmodell für die Oberklasse wurde der neue große Mercedes gleich nach der feierlichen Enthüllung auf der Bühne des Frankfurter Autosalons. „The Sensation of the Show“ oder „Auto Nummer Eins“ verkündeten die Aufmacher der internationalen Fachpresse. Besonders die britischen Hersteller von Chauffeur-Limousinen und BMW suchten nun nach schlagkräftigen Antworten. Aber als BMW den weltweit ersten Leichtmetall-V8 in Serie gehen ließ und mit dem 505 eine moderne Pullman-Limousine präsentierte, die dem konstruktiv konservativen Mercedes-Flaggschiff technisch voran fuhr, war die Modellbezeichnung 300 bereits zur magischen Zahl geworden.

Da konnte das sogenannte Hut-Problem des Kanzlers eigentlich keine Rolle mehr gespielt haben, egal ob die Kopffreiheit des 505 mit der des Hut-kompatiblen 300 vergleichbar war oder nicht. Konrad Adenauer jedenfalls ließ sich auch nach der Sitzprobe im BMW im bewährten, leisen Sechszylinder-Riesen mit Stern zu dienstlichen Anlässen fahren, sei es zum Neujahrsempfang in der Villa Hammerschmidt in Bonn, beim Besuch in Berlin im Jahr 1960 oder beim gemeinsamen Auftritt mit Bundespräsident Heinrich Lübke im Jahr 1963. Immer waren die bis 5,19 Meter langen Staatskarossen Adenauers Begleiter und dies in drei Weiterentwicklungen als 300b, 300c und 300d. Erst passgenau zu Adenauers Abdankung präsentierte Mercedes-Benz den Typ 600 als Nachfolger und neuen großen Mercedes.

Mit modernisierter Vorkriegs-Technik

Fond oder Fahrerplatz des Typs 300 besetzten aber auch Politiker und Prominente aus anderen Ländern und Kontinenten. Der schwedische König Gustav VI. Adolf hatte ebenso einen 300er im Fuhrpark wie Kaiser Haile Selassie von Äthiopien, der Schah von Persien, Papst Johannes XXIII., die Operndiva Maria Callas oder die Leinwandhelden Gary Cooper und Erol Flynn. Passend zu den Aufgaben als Repräsentationsfahrzeug gab es den Sternenträger als Limousine, viertüriges Cabriolet und mit verschiedenen Sonderaufbauten. Möglich machte dies das robuste Chassis in Form eines geschweißten Ovalrohr-X-Rahmens und ein Fahrwerk, das sich mit hinterer Zweigelenk-Pendelachse noch nicht allzu weit von Vorkriegskonstruktionen entfernt hatte. Auch der 3,0-Liter-Sechszylinder-Motor war keine Neuentwicklung, sondern die Evolution eines Triebwerks aus den 1930er Jahren, das für einen nicht realisierten 2,6-Liter-Pkw vorgesehen war.     

Heute wirken seine Kennziffern bürgerlich-bescheiden: 115 PS Leistung, 196 Nm Drehmoment bei 2.500 Touren, 160 km/h Höchstgeschwindigkeit und eine arg betuliche Beschleunigungszeit von 19 Sekunden für den Sprint von null auf Tempo 100. Für die Besucher der Frankfurter IAA im Frühjahr 1951 war das Flaggschiff aus Stuttgart dagegen ein Auto aus einer anderen Welt, stärker und schneller als alle anderen deutschen Serienautos. Wie schnell die exklusivste Limousine mit Stern damals war, zeigte sich besonders dramatisch bei Überholvorgängen auf der Autobahn. Fast im Vorbeiflug passierte der Mercedes die Massen-Modelle von VW, Ford oder Opel, deren Tachonadel knapp über der 100-km/h-Marke verharrte.

Nur kein Neid

Vergleichsweise genügsam waren dabei die Verbrauchswerte von 17 bis 18 Litern auf 100 Kilometer für den damals gigantisch wirkenden Mercedes mit großem 72-Liter-Benzintank. Für die wohlhabenden Käufer der fast 19.000 Mark teuren Limousine dürften die Tankkosten allerdings kaum eine Rolle gespielt haben. Fast so teuer wie ein kleines Einfamilienhaus war das extravagante viertürige Cabriolet, für das mindestens 21.600 Mark in Rechnung gestellt wurden. Für so viel Geld gab es zwei Opel Kapitän oder vier Volkswagen Käfer. Wie weit die Mercedes 300 ihrer Zeit finanziell vorausfuhren, veranschaulicht der damalige durchschnittliche Monatsverdienst in Deutschland. Keine sechs Jahre nach Kriegsende betrug er weniger als 400 Mark im Monat und machte sogar den Traum vom Kleinwagen für die meisten Deutschen vorläufig unerfüllbar.

Dennoch zählten zu den Käufern des teuersten Sternenträgers nicht nur Superreiche, sondern auch Unternehmer und Generaldirektoren der Wirtschaftswunderzeit. Während heute Luxusmodelle wie etwa ein Maybach als Direktionsfahrzeug kaum vorstellbar sind, galten vor 60 Jahren kostspielige Autos und finanzieller Wohlstand noch als Ausweis von Erfolg. Sozialneid war noch ein Fremdwort. Gleichwohl wurden in allen Bevölkerungskreisen weiterhin traditionelle Tugenden wie Sparsamkeit gepflegt. So konnte es etwa passieren, dass ein vom rheinischen Pharmaunternehmer selbst gelenkter „Adenauer-Mercedes“ im Urlaub in bella Italia neben dem Haus-Zelt auf dem Campingplatz parkte.

Die Bundesrepublikaner jedenfalls waren stolz auf ihre Mitgliedschaft im elitären Club der internationalen Luxusautohersteller. Korrekt gewählt zur außenpolitischen Befindlichkeit der frühen Nachkriegsjahre war auch die Motorisierung des Mercedes-Benz 300. Kein protziger V12 oder stolzer V8 wie bei den Prestigemodellen der westlichen Siegermächte, sondern nur ein leistungsstarker Sechszylinder. Wahrscheinlich war der Einsatz des 3,0-Liter-Sechszylinders zwar eher den unternehmenshistorischen Umständen als einer gezielten Entwicklung entsprungen, aber er passte perfekt. Nicht zuletzt weil er einer international gültigen Hubraumgrenze im Rennsport entsprach und so die konstruktive Grundlage zur Entwicklung des Triebwerks für den legendären 300 SL liefern konnte.

Nachgelegt

Weltpremiere feierte der spektakuläre Flügeltüren-Sportwagen 300 SL in New York im Jahr 1954, wenige Wochen vor dem ersten sportlichen Sensationserfolg der jungen Bundesrepublik, dem „Wunder von Bern“ bei der Fußball-Weltmeisterschaft. Mehr noch als in den Vorjahren zählte fortan im internationalen Wettbewerb Leistung. Und da musste der Mercedes 300 nun nachlegen, wollte er nicht gegenüber der Konkurrenz aus USA und Großbritannien verlieren. So präsentierte Mercedes auf dem Genfer Salon den nachgeschärften Mercedes 300 b, der mit modifiziertem Verdichtungsverhältnis und neuem Solex-Registervergaser 125 PS Leistung entwickelte.   

Anders als seine im Jahresturnus optisch modifizierten amerikanischen Konkurrenten hatte der Mercedes 300 die Freiheit fast jeder Designmode zu entsagen. So kam es erst bei der IAA 1955 zu nennenswerten optischen Änderungen. Vor allem die größere Heckscheibe, aber auch die neue hintere Eingelenk-Pendelachse kennzeichneten den Typ 300 c. Die amerikanischen Kunden wollte der 300 c mit einer serienmäßigen Borg-Warner-Getriebeautomatik gewinnen, gegen Minderpreis gab es weiterhin ein Viergang-Schaltgetriebe. Zu wirklich großen Neuerungen kam es zwei Jahre später mit Einführung des Mercedes 300 d. Der Typ 300 d erhielt eine neue Heckgestaltung und voll versenkbare Seitenscheiben ohne B-Säulen im Stil einer Hardtop-Limousine. Technisch innovativ war die Saugrohr-Benzineinspritzung. Auf die Direkteinspritzung des 300 SL musste der 300 d zwar verzichten, aber auch so sorgten 160 PS Leistung für bisher nicht gekannte Fahrleistungen. Freie Bahn sollte wenig später die serienmäßige Lichthupe bewirken, die auf einer zweiten Ebene sogar mit der Dreiklangfanfare kombiniert war und gleichermaßen aggressiv wie effektiv hartnäckige Linksfahrer verscheuchte – die Straßenverkehrsordnung erlaubte es.

1951: Auf der Frankfurter IAA feiert der Mercedes 300 am 17. April Weltpremiere. Produktionsanlauf im November. Im Herbst außerdem Debüt des viertürigen 300 Cabriolet D. Auf dem Pariser Salon debütiert der 300 S als Coupé und  Cabriolet

1952: Produktionsbeginn des 300 S als Coupé, Cabriolet und Roadster zum einheitlichen Preis von jeweils 34.500 Mark. Damit ist der 300 S teuerstes Auto aus deutscher Produktion

1954: Im März Produktionsanlauf für den Mercedes 300 b. Neu ist der auf 125 PS erstarkte Motor mit Registervergaser. Optische Kennzeichen der Modellpflege sind vordere Ausstellfenster, verchromte Schutzbleche an den hinteren Kotflügeln und Stoßstangenhörner vorne und hinten. Angedacht, aber nicht realisiert wird ein zweitüriges Cabriolet

1955: Im September Produktionsanlauf für den Mercedes 300 c mit größerer Heckscheibe, breiteren Reifen und hinterer Eingelenk-Pendelachse. Der 300 c ist zudem serienmäßig mit Getriebeautomatik ausgestattet, gegen Minderpreis gibt es weiterhin ein Viergang-Schaltgetriebe. Auf der IAA feiert der 300 Sc als Coupé, Cabriolet und Roadster mit dem Motor aus dem 300 SL Weltpremiere

1956: Im Juni vorübergehende Produktionseinstellung des 300 Cabriolet D. Im August Produktion einer Sonderversion mit zehn Zentimeter längerem Radstand und Trennscheibe zwischen Chauffeur und Passagierabteil. Als erster deutscher Pkw wird der 300 c mit Zentralverriegelung lieferbar

1957: Auf der IAA feiert der Mercedes 300 d Weltpremiere. Produktionsanlauf im November. Der Typ 300 d erhält eine neue Heckgestaltung und voll versenkbare Seitenscheiben ohne B-Säulen im Stil einer Hardtop-Limousine. Jetzt 160 PS Leistung. Weitere technische Neuerungen sind die Optionen elektrische Fensterheber, orthopädische Sitze, Klimaanlage und Stahlschiebedach

1958: Nach zweijähriger Unterbrechung läuft die Produktion des viertürigen Cabriolets D wieder an. Modellpflege für den 300 d, jetzt mit Servolenkung lieferbar. Im April läuft der letzte 300 Sc vom Band

1959: Erweiterte Serienausstattung für den 300 d, u.a. mit zweistufiger Lichthupe inkl. Dreiklangfanfare

1960: Auf Basis des 300 Cabriolet D wird ein Fahrzeug mit Sonderaufbau für den Papst produziert. Zwei weitere Sonderversionen des 300 D werden für Staatsempfänge gefertigt

1962: Im März Produktionsauslauf  für den Mercedes 300 d

1963: Auf der IAA debütiert der Mercedes 600

Mercedes 300 und 300 b (1951-1955): 6.817 Einheiten, davon 6.214 Limousinen, 12 Fahrgestelle für Sonderaufbauten wie Bestattungsfahrzeuge, 591 Cabriolets.

Mercedes 300 c (1955-1957): 1.483 Einheiten, davon 1.425 Limousinen, 7 Langversionen, 51 Cabriolets

Mercedes 300 d (1957-1962):  3.142 Einheiten, darunter 7 Langversionen und 65 Cabriolets

Mercedes 300 S (1951-1955):  560 Einheiten

Mercedes 300 Sc (1955-1958):  200 Einheiten

Mercedes-Benz 300 (1951): ab 18.505 Mark

Mercedes-Benz 300 Cabriolet D (1952): ab 21.600 Mark

Mercedes-Benz 300 (1954): ab 19.935 Mark

Mercedes-Benz 300 Cabriolet D (1954): ab 23.710 Mark

Mercedes-Benz 300 b (1954): ab 22.000 Mark

Mercedes-Benz 300 b Cabriolet D (1954): ab 24.700 Mark

Mercedes-Benz 300 c Automatic (1955): ab 23.500 Mark

Mercedes-Benz 300 c Automatic lang (1956): ab 26.500 Mark

Mercedes-Benz 300 d (1958): ab 28.500 Mark

Mercedes-Benz 300 d Cabriolet D (1958): ab 37.000 Mark

Mercedes-Benz 600 (1964): von 56.500 bis 157.296 Mark

Mercedes-Benz 300 S Coupé (1952): ab 34.500 Mark

Mercedes-Benz 300 S Cabriolet (1952): ab 34.500 Mark

Mercedes-Benz 300 S Roadster (1952): ab 34.500 Mark

Mercedes-Benz 300 Sc Coupé (1956): ab 36.500 Mark

Mercedes-Benz 300 Sc Cabriolet (1956): ab 36.500 Mark

Mercedes-Benz 300 Sc Roadster (1956): ab 36.500 Mark

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        ## Herrliche Offen-Konstuktionen

Noch rasanter als der in der Endstufe 170 km/h schnelle „Adenauer“-Mercedes waren von Anfang an die extravaganten und extrateuren Coupés, Cabriolets und Roadster der Modellreihe 300. Weltpremiere feierten die eleganten Zweitürer auf dem Pariser Salon 1951, die Preisliste für die 300-S-Reihe begann in der damals astronomischen Region jenseits von 34.000 Mark. Dafür waren die 150 PS freisetzenden Edelsportler ganz im Stil der Vorkriegs-Supersportwagen vom Typ 540 K gehalten und auf Abruf ähnlich schnell unterwegs wie ein früher Ferrari. Noch mehr Leistung lieferte ab 1955 die modellgepflegte 300-Sc-Reihe mit dem 175 PS freisetzendem Benzin-Direkteinspritzer.

Während diese Zweitürer oft direkt in Sammlergaragen verschwanden und die Stückzahlen im dreistelligen Bereich blieben, waren die Limousinen und viertürigen Cabriolets der 300er-Modellfamilie ein beachtlicher kommerzieller Erfolg. Insgesamt entstanden in gut elfjähriger Produktionszeit immerhin 11.430 Einheiten. Trotz aller staatstragenden Exklusivität war der Mercedes 300 gesellschaftlich integriert, eine Eigenschaft, die dem Nachfolger, dem Mercedes 600, fehlte. Entsprechend seiner numerischen Bezeichnung schwebte der 1963 vorgestellte Typ 600 optisch, technisch und kalkulatorisch so weit über dem gesellschaftlichen Alltag, dass er vor allem Staatslenkern und Pop-Prominenz vorbehalten blieb und in 17 Jahren nur 2.677 Zulassungen erzielte. (sp-x)

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