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Erster Test: BMW M550d xDrive – Wüterich unterwegs

Es gibt kaum eine Lücke, in die sich der Diesel noch nicht vorgearbeitet hat. Mit gehobenem Drehmoment- und Effizienz-Niveau ist er zur schlagkräftigen Benzin-Alternative aufgestiegen. Allein in die Speerspitze hochdynamischer Vollblutsportler hat es der Selbstzünder noch nicht geschafft.

Doch BMW wagt einen ersten Schritt und bringt einen vor Kraft strotzenden 5er-Diesel mit M-Insignien, dem reinrassige M-Weihen allerdings verwehrt bleiben. M Performance darf sich das junge Sub-Label und seine semi-scharfen Potentaten nennen, mit denen die M GmbH einen Mittelweg zwischen Alltags-Boliden und reinrassiger Fahrmaschine einschlagen will. Bei BMW glaubt man, dass ein Diesel als rennstreckentaugliches Spaßgerät nur bedingt überzeugen kann und da bereits Konkurrent AMG vor etlichen Jahren mit einem starken Selbstzünder scheiterte, will man sich in München gar nicht erst möglicher Häme von Jüngern der reinen Sportwagenlehre aussetzen.

Der M550d ist also ein Kompromiss, der allerdings mit kompromisslos brutaler Leistung jeden anderen Diesel und auch viele radikale Hochkaräter überflügelt. Das Turbolader-Trio, das den Dreiliter-Reihensechszylinder in dreistufiger und fein abgestimmter Lade-Choreografie zwangsbeatmet, kann derbe 381 PS und 740 Newtonmeter Drehmoment mobilisieren, die ausschließlich an beide Achsen verteilt werden.

4,7 Sekunden

Ja, richtig gelesen: Wie bei sportlichen Audi-Modellen schon lange der Fall, bringt nun auch BMW ein betont sportliches Modell mit Allrad, denn einachsig ließe sich das wilde Drehmoment in vernunftgebotener Weise nicht auf die Straße bringen. Die Hinterachse allein wäre überfordert und müssten die Regelsysteme eigentlich permanent die Leistungsspitzen kappen, doch so kann die Traktionskontrolle auch Vollgasbefehlen recht gelassen freien Lauf erteilen.

4,7 Sekunden soll der Standardsprint dauern – vor wenigen Jahren ermöglichten die Allerschnellsten der Schnellen solche Werte und waren für einen Seriendiesel bis vor kurzem noch unvorstellbar. Doch mit dem Lader-Triple und dem Antriebsräder-Quartett verfügt dieses mit M-Optik aufgemotzte Vertreter-Auto über raketenähnlichen Schub. Gekoppelt an eine achtstufige Automatik hängt der 550d zwar nicht ganz so feinnervig am Gas wie der Original-M5, doch wird man jederzeit mehr Leistung spontan abrufen können als im Alltagseinsatz nötig. Turbolöcher stören den Vorwärtsdrang des Fahrers nicht mehr.

Der Riegel bleibt vorgeschoben

Ganz klar bewegt sich der erste M-Diesel sprinttechnisch und beim Durchzug am Ende der Nahrungskette. Allerdings könnte der Top-Speed-Wert enttäuschen, denn mehr als die regulären 250 km/h sind nicht drin. Selbst Spezialwünsche bleiben unerfüllt, denn das für den M5 verfügbare Driver Package mit einer Aufhebung der 250-km/h-Sperre ist für den Performance-Diesel nicht im Angebot.

Doch der 550d gewährt auch besondere Freiheiten: Die achtstufige Wandlerautomatik, die das gewaltige Drehmoment lässig verwalten kann und sehr schnell die stets perfekte Übersetzung ohne viel Aufhebens parat hält, verfügt über einen manuellen Modus, bei dem man die Gänge über Schaltwippen hinterm Lenkrad wechseln kann - oder auch nicht. Wer gerne das Drehzahlband bis zur allerletzten Umdrehung ausreizen will, muss sich hier nicht über das sonst übliche Zwangshochschalten ärgern. Bis etwa fünfeinhalbtausend Touren schnellt die Drehzahl nach oben und verharrt dort - sofern man im manuellen Modus nicht selber eine der nächst höheren Übersetzungen anwählt.

Klingt fast wie ein Benziner

Begleitet werden die Insassen im M550d von einer gar nicht dieseltypischen Akustik, egal in welchem Drehzahlbereich. Der Motor ist einerseits derart gut abgekapselt, dass das Rumpeln und Nageln eines Selbstzünders selbst besonders sensible Akustiknaturen kaum ausmachen können, und falls doch, wird der Dieselsound von der weitgehend synthetisch erzeugten Sportmotorakustik übertüncht. Das ist kein richtiges Röhren, Röcheln und Sprotzeln, aber doch ein irgendwie rassiger, machoartiger Klang, der die Ohren der Fahrgäste umwabert, sofern der Pilot nach Schub verlangt. Statt wildes, hochfrequentes Fauchen gibt es vor allem dumpfe Basslagen, was tendenziell dennoch mehr nach Benziner als nach Diesel klingt.

Was allerdings beim 550d auf der Strecke bleibt, ist ein besonders charaktervolles, ja hinterhältiges Fahrverhalten. Insgesamt sind die Insassen recht abgekapselt, verwöhnt der Bolide mit hohem Geräusch- und Fahrwerkskomfort und fehlt dem Fahrer so das richtige Gefühl für die Geschwindigkeit. Als wir etwas kurzfristig aus leicht erhöhtem Landstraßentempo zum spontanen abbiegen runter bremsten, waren die souveränen Stopper, die übrigens dem 550i entstammen, im ABS-Regelbereich. Und auch der für querdynamische Experimente so begehrte Heckantrieb eines M5 fehlt hier, kommt es nicht zum kecken auskeilen des Hinterteils und werden die Insassen nicht ganz so grob beim Beschleunigen in die Rückenlehne der besonders langstreckentauglichen Sitze gepresst.

Technische Daten
Marke und Modell BMW M550d xDrive
Version / Ausstattung
Motor
Hubraum (ccm) / Bauart 2.993 / R6-Turbodiesel
Leistung (kW / PS) 280 / 381
Drehmoment (Nm) / Umdrehungen 740 / 2.000 - 3.000
Antriebsart permanenter Allradantrieb
Getriebeart Acht-Gang-Automatik
Abmessung und Gewicht
Länge/Breite/Höhe (mm) 4.910 / 1.860 / 1.454
Radstand (mm) 2.968
Wendekreis (m) 12
Leergewicht (kg) 1.990
Kofferraum (Liter) 520
Bereifung Testwagen 245/40 R 19 vorne / 275/35 R19 hinten
Verbrauch
Krafstoffart Diesel
Kombiniert laut Werk (l/100km) 6,3
CO2-Emissionen (g/km) / Abgasnorm 165 / Euro 6
AS24-Verbrauch (l/100km) k.A.
Fahrleistungen
Werksangabe 0-100km/h (s) 4,7
AS24-Sprint 0-100km/h (s) k.A.
AS24-Bremstest 100-0km/h (m) k.A.
Höchstgeschwindigkeit (km/h) 250
Preise
ab (Euro) 80.800,00
Empfohlene Extras Head-Up-Display (1.390 Euro), verstellbares Fahrwerk und Wankausgleich (3.240 Euro)
VergrößernVerkleinern

Sogar effizient

Der Pilot kann immerhin mit dem bereits in einigen BMW-Baureihen eingeführten Fahrerlebnis-Schalter verschiedene Fahrzeug-Charakteristika abrufen. Neben einer besonders dynamischen Einstellung gibt es auch ein Eco-Modus, mit dem sich der M550d möglichst effizient bewegen lässt und bei dem sogar die Leistung der Klimaanlage heruntergefahren wird. Unter anderem auch dank der serienmäßigen Start-Stopp-Automatik begnügt sich der Extrem-Diesel mit 6,3 Liter Diesel auf 100 Kilometer, was in der Über-300-PS-Liga ein Spitzenwert ist. Zum Vergleich: Audis neuer V6 TDI mit 313 PS soll im A6 6,4 Liter brauchen, also mehr Sprit bei deutlich weniger Leistung konsumieren.

Alternativ lassen sich beim 550d im Sportmodus die wichtigen Fahrparameter besonders dynamisch ausgelegen und bietet sich so Piloten, die einen ambitionierten Fahrstil frönen, eine bemerkenswert feine Spaß-Auslegung. Präzise, leichtfüßig und ohne Wankneigung lässt sich der M-Diesel ums Eck zirkeln, bietet in jedem Fall gehobenes Kurvengaudi-Niveau, kann aber andererseits nicht kaschieren, dass hier insgesamt fast zwei Tonnen bewegt werden und sich dieses Gewicht zudem nicht ganz so optimal auf die Achsen verteilt wie dies bei BMW-Sportwagen eigentlich der Fall sein soll.

Reichweite spart Zeit

In einer Disziplin wird ihn keiner seiner noch so hochmotorisierten Konzern-Brüder allerdings einholen können: Mit seinem 70-Liter-Tank hat der M550d eine theoretische Reichweite von fast 1.100 Kilometern und wird auf Langstreckentouren mit seiner extrem niedrigen Tankstellenbesuchs-Frequenz alle anderen M-Modelle lässig hinter sich lassen, auch wenn sich mit diesen manche Kurve etwas schnittiger durchpfeilen lässt.

Einen finanziellen Anreiz dürfte der M550d mit seinem vergleichsweise niedrigem Verbrauch allerdings kaum bieten, denn preislich ist das Modell doch ziemlich weit oben angesiedelt. Knapp über 80.000 Euro verlangen die Münchener für die M-Diesel als Limousine und fast 84.000 für den Kombi und damit gut 20.000 Euro mehr als für den bislang teuersten Diesel-5er, den 535d xDrive. Wer bereit ist, für ein paar Extra-PS derart tief in die Tasche zu greifen, wird sich wohl kaum dafür interessieren, ob 100 gefahrene Kilometer nun zehn oder 20 Euro Spritkosten verursachen. So richtig braucht es ein M550d eigentlich nicht, doch für Vielfahrer, die maximalen Schub wünschen und möglichst selten tanken wollen, kann dieser Hochleistungs-Diesel eine interessante Alternative sein. Wer allerdings den messerscharfen Charakter, die dynamische Kompetenz einer klassischen M-Fahrmaschine sucht, wird hier nicht fündig.

Wer als getriebener Vielfahrer auf der Autobahn hingegen aufdringlichen Dränglern zeigen will, wer Chef im Ring ist, kann ganz lässig mit einem Tritt aufs Gaspedal die TDIs, CDIs und HDIs auf Distanz halten, denn als Durchzugs-König hat der M550d unter der klassischen Schar der Vertreter-Limousinen keinen Gegner zu fürchten. Und spätestens dann könnte sich – rein subjektiv – der saftige Aufpreis gelohnt haben, denn das Bad im warmen Saft der Missgunst ist ja oft ein herrlich erquickendes.

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