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Erster Test: Jeep Grand Cherokee – Nichts ist besser als das Original

Das Original sei Jeep, behauptet Jeep. Nimmt man den Willys MB aus den 1940er Jahren hinzu, haben die US-Amerikaner mittlerweile eine 70jährige Tradition im Geländewagen-Bau. Jetzt kommt der neueste und beste (und schönste) Jeep auch nach Deutschland.

Der Grand Cherokee ist ein SUV mit echten Offroad-Eigenschaften – Tradition verpflichtet.
70 Jahre Erfahrung bringen nicht viele Automobilhersteller mit. So gesehen, ist Jeep schon etwas Besonderes – in unseren Gefilden sowieso. Denn in den Hoch-Zeiten konnten rund 7.000 Jeep-Modelle pro Jahr in Deutschland verkauft werden. Das ist wieder das angestrebte Ziel der US-Amerikaner, die seit Kurzem zu Fiat gehören.

Fiat? Na und.

Das Fiat-Konglomerat sollte Jeep-Käufer aber in keinster Weise stören, denn Italien steckt im Ami (noch) nicht drin. Eher (noch immer) Deutschland. Die Liaison mit Mercedes ist zwar längst beendet, aber viele Bauteile des komplett neuen Grand Cherokee entstammen noch der alten Verbindung. Das aber ist ebenfalls keineswegs schlecht, sondern eher gut, steckt doch teilweise die aktuelle M-Klasse drunter.

Designtechnisch ist der Grand Cherokee auf den ersten Blick als Jeep auszumachen – zumindest von vorne. Die sieben Streben des Kühlergrills sind markant und haben Tradition. Auch die Rundscheinwerfer unter der eckigen Klarglas-Abdeckungen haben laut Hersteller etwas Markentypisches. Von der Seite und von hinten jedoch verwässert der Jeep-Charakter, nicht zuletzt durch die deutlich schmaleren Seitenfenster, die einen sportiveren Auftritt vermitteln sollen. Aber: Eine Design-Evolution ist bei einem Modellwechsel wünschenswert, so gesehen ist das Gesamtwerk gelungen.

Das gilt gleichermaßen für das Interieur, das komplett umgekrempelt wurde. Ein modernes, griffiges Lenkrad, viel Echtholz, ein fein beledertes Armaturenbrett (teilweise nicht ganz akkurat vernäht) und durchaus ansprechende Kunststoffmaterialien passen zum Zeitgeist und dennoch zur Marke Jeep. Robust, amerikanisch und doch modern wirkt das Ganze. Die Bedienelemente lassen sich nach kurzer Eingewöhnung „blind“ befingern, lediglich beim serienmäßigen Navi-Entertainment-System erschließen sich auch nach längerer Spielerei nicht alle Funktionen.

Platzangebot deutlich gewachsen

Das Platzangebot präsentiert sich auf Klassenniveau, was unter anderem an der Radstandverlängerung um 13 auf 292 Zentimeter liegt. Die Abmessungen sind im Gesamten (moderat) gewachsen: 4,82 Meter Länge, 1,94 Meter Breite und mindestens 1,76 Meter Höhe sind ebenfalls klassenüblich. Das Kofferraumvolumen konnte um rund 80 auf 782 Liter wachsen. 1.554 Liter passen bei umgeklappter Rückbank bis unters Dach des mit Vollausstattung gesegneten Topmodells Overland. Erst zum Frühsommer 2011 folgen die Ausstattungsvarianten Laredo (Basis) und Limited. So sind aktuell stets Bi-Xenonscheinwerfer mit automatischer Fernlichtschaltung, Navisystem, Freisprecheinrichtung, riesiges Glasschiebdach, Soundanlage, Sprachsteuerung, elektrisch einstell-, beheiz- und belüftbare Ledersitze (auch hinten beheizbar), elektrisch auf- und zuschwingende Heckklappe, eine Automatik und viel Leistung an Bord.

Die Leistung gliedert sich in zwei Stufen. Den Basismotor markiert bis Mai 2011 der 3.6 Benziner. Er leistet 286 PS und 347 Newtonmeter Drehmoment. Das sollte für die Meisten ausreichen. Wundern werden sich aber dennoch einige, denn verteilten sich beim alten Grand Cherokee (der nur fünf Jahre produziert wurde) die 4,7 Liter Hubraum des Basis-Benziners auf acht Zylinder. Im Neuen 3.6 blubbert nichts mehr. Vielmehr faucht hier ein hochdrehender (bis 6.500 Touren) V6, der nun sogar 55 PS mehr leistet als der alte V8 und, viel wichtiger, 3,5 Liter weniger Sprit konsumiert. Findet das Umdenken findet nun auch in den USA statt?

Wer einen Acht-Zylinder will, bekommt den natürlich weiterhin. Allerdings nur in Form des 5.7-HEMI-V8. Das Aggregat gibt es bereits seit Herbst 2008 im Vorgänger-Modell. Es leistet 352 PS und schiebt den 2,5-Tonner in 8,7 Sekunden auf Tempo 100 an. Der Schub endet erst bei 225 km/h. Bemerkenswert ist auch hier, dass der Verbrauch gesenkt werden konnte. Nicht so drastisch wie beim V6, aber 1,3 Liter sind dennoch erwähnenswert. Zustande brachten das die Ingenieure mittels Aerodynamik-Feinschliff an der Außenhaut – so sank der CW-Wert von 0,41 auf 0,37 – und durch Zylinderabschaltung und der neuen, variablen Ventilsteuerung im Motorinneren. Dabei werden im Schubbetrieb und im Teillastbereich vier Töpfe lahm gelegt: Die Kraftstoffzufuhr wird abgeschnitten und die Ventile stehen still – Insassen merken davon nichts. Mercedes hatte ein ähnliches System mal in der S-Klasse (W 220), verabschiedete sich von der Lösung jedoch recht schnell wieder.

Diesel von Fiat

Nichtsdestotrotz sind die beiden Aggregate Säufer im Vergleich zu dem, was kommen soll. Durch die neue Bindung an den Fiat-Konzern wird derzeit ein Sechs-Zylinder-Diesel erprobt, der ab Mai 2011 zur Verfügung stehen soll. Der Drei-Liter-CR-Motor kommt von Motorenbauer VM-Motori in Italien, die bereits erstklassige Dieseltriebwerke konstruiert haben – unter anderem für Fiat und Alfa-Romeo. Das etwa 250-PS-starke Aggregat wird nach Jeep-Aussagen hierzulande rund 85 Prozent der Käufer anziehen und hat mit dem american-way-of-drive nichts mehr zu tun. In den USA soll der Diesel gar nicht angeboten werden – keine Nachfrage. Offensichtlich haben die Amis doch noch nicht umgedacht.

Eine Domäne des Grand Cherokee war bislang schon immer die Geländegängigkeit. Das bleibt so. „Trail rated“ lautet ein hauseigenes Gütesiegel, das Jeep nur vergibt, wenn eine bestimmt Offroadfähigkeit bescheinigt werden kann. Beim Grand Cherokee erhält dieses Zertifikat nur der V8. Grund: Er besitzt ab Werk (erstmals) eine Luftfederung, die seine Standhöhe um zehn Zentimeter erhöhen kann und somit die Querfeldeinmöglichkeiten deutlich verbessert. So gewappnet reicht die Bodenfreiheit aus (29,3 Zentimeter), um auch üble Passagen meistern zu können, die mit diesem Auto wohl lediglich Null-Komma-Irgendwas-Prozent der Käufer jemals antesten werden. Mit grobstolligen MT-Pneus bereift durften wir nahe München durch eine präparierte Kiesgrube bügeln und sind ob der Kletterkunst tief beeindruckt.

Intelligentes Allradsystem

Das Allradsystem Quadra-Trac II (V6) und Quadra-Drive II (V8) gibt es serienmäßig. Es beinhaltet einen permanenten Vierradantrieb, der vollvariabel die Kraft zwischen den einzeln aufgehängten Vorder- und den erstmals ebenfalls einzeln aufgehängten Hinterrädern verteilt. Im fahrzeugmittig platzierten Verteilergetriebe reguliert eine elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung den Kraftfluß. Das Getriebe beinhaltet in beiden Versionen eine Untersetzung und eine Mittelsperre. Beim V8 gibt es außerdem eine Hinterachssperre. Das Beste: Der Fahrer muss sich um fast nichts kümmern.

Mit einem Drehschalter hinter dem Automatikwählhebel gibt er den Untergrund vor. Sport, (flottes Asphalt-Fahren) Snow (Schnee und Eis), Auto, Sand/Mud (loser Untergrund) und Rock (Felsen) heißen die Modi. Ein 4WD-Low-Knopf und eine Taste für die Bergabfahrhilfe gibt es zusätzlich, die je nach Einsatzgebiet aktiviert werden können. So gewappnet bleibt (mit den richtigen Reifen) dem Jeep Grand Cherokee kaum ein Pfad versperrt. Die Luftfederung des V8 arbeitet übrigens mit Stickstoff und muss daher nicht erst den Druck aufbauen, wenn Veränderungen anstehen. Somit soll das System schneller auf Fahrbahnänderungen reagieren können. Den luftgefederten V8 konnten wir jedoch ausschließlich im Gelände fahren, den stahlgefederten V6 auf Asphalt.

Zu sportlich

Beim V6 fiel die hohe Agilität des Fahrwerks positiv auf, die jedoch, vor allem mit den serienmäßigen 20-Zoll-Walzen, den Fahrkomfort zu gering ausfallen lässt. Jeep-Fahrer sind unserer Meinung nach gemütliche Zeitgenossen, die an dieser sportlichen Abstimmung weniger Freude finden werden. Untermalt wird die sportliche Gangart von dem oft fauchenden V6-Klang im oberen Drehzahlbereich.

Die maximale Kraft liegt erst bei hohen 4.300 Touren an, was in Verbindung mit der teils ungünstigen Getriebespreizung der alten (aber guten) Mercedes-5-Gang-Automatik hin und wieder Elan vermissen lässt. Diese Motor-Getriebe-Kombination schreit förmlich nach einer soften Fahrwerksabstimmung, denn beides zusammen würde besser zum Grand Cherokee passen. In dem Modus gönnte sich unser V6er auf einer behutsam gefahrenen 150-Kilometer-Runde laut Bordcomputer sparsame elf Liter.

Wer jetzt trotz Ermangelung eines Dieselantriebs Lust auf den Cherokee bekommen haben sollte, muss mindestens 52.850 Euro für den V6 und mindestens 62.450 Euro für den V8 investieren, was jeweils rund 20 Prozent weniger ist, als für die deutsche Konkurrenz bezahlt werden muss. So erhofft sich Jeep in 2012, wenn alle Motoren ein komplettes Jahr erhältlich waren, 2.500 Grand Cherokee in Deutschland verkauft zu haben. Vom X5 werden rund 850 Fahrzeuge an den Kunden gebracht – im Monat.

Technische Daten
Marke und Modell Jeep Grand Cherokee 3.6 Jeep Grand Cherokee 5.7
Overland Overland
Motor
Hubraum (ccm) / Bauart 3.604 / V6 5.654 / V8
Leistung (kW / PS) 210 /286 259 / 352
Drehmoment (Nm) / Umdrehungen 347 / 4.300 520 / 4.200
Antriebsart Allrad Allrad
Getriebeart Fünf-Gang-Automatik Fünf-Gang-Automatik
Abmessung und Gewicht
Länge/Breite/Höhe (mm) 4.822 / 1.943 / 1.781 4.822 / 1.943 / 1.764 (Luftfederung)
Radstand (mm) 2.915 2.915
Wendekreis (m) 11,6 11,6
Leergewicht (kg) ab 2.266 ab 2.382
Kofferraum (Liter) 782 - 1.554 782 - 1.554
Bereifung Testwagen 265 / 50 R20 265 / 50 R20
Verbrauch
Krafstoffart Benzin Benzin
Kombiniert laut Werk (l/100km) 11,4 14,1
CO2-Emissionen (g/km) / Abgasnorm 265 / Euro 5 327 / Euro 5
AS24-Verbrauch (l/100km) k .A. k .A.
Fahrleistungen
Werksangabe 0-100km/h (s) 9,1 8,7
AS24-Sprint 0-100km/h (s) k .A. k .A.
AS24-Bremstest 100-0km/h (m) k .A. k .A.
Höchstgeschwindigkeit (km/h) 206 225
Preise
ab (Euro) 52.850,00 62.450,00
Empfohlene Extras Metallic-Lackierung (800 Euro) Metallic-Lackierung (800 Euro)
VergrößernVerkleinern

Fazit

Der neue Jeep Grand Cherokee geht eine gekonnte Symbiose aus Oldschool-Wüstling und fein gekleidetem Gentleman ein. Er ist die günstige Alternative für geldknappe Range-Rover-Fans. Denn im Gelände machen ihm nur wenige was vor, und auf der Straße fährt er sich, wie man es von modernen Euro-SUVs kennt. Zudem zelebriert er gekonnt den Auftritt vor dem Luxushotel oder der Oper. Dass der Fahrkomfort etwas zu kurz kommt, ist schade. Vielleicht ändert sich das ab Mai 2011, wenn der Diesel kommt. So lange sollte man zum blubbernden V8 greifen. Wahre Jeep-Fans werden das eh tun und entscheiden damit goldrichtig.

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