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Erster Test: Mercedes BlueTEC – Blau ist das neue Grün

Manche Unterfangen scheinen von Beginn an zum Scheitern verurteilt zu sein. Etwa ein Sieg der SPD bei der Landtagswahl in Bayern anzustreben. Oder den Engländer beizubringen, wie man leckeres Essen kocht.

Mercedes übt sich seit geraumer Zeit an einer scheinbar ähnlich diffizilen Aufgabe: Dieselmotoren in Amerika salonfähig zu machen.
Eine harmlose, wässrige Lösung soll der Schlüssel zum Diesel-Erfolg in der Neuen Welt sein. AdBlue heißt der Zauberstoff, der dem Namen nach eher an eine aus der Werbung bekannte, blaue Demonstrationsflüssigkeit erinnert. In Wahrheit verbirgt sich dahinter nichts anderes als eine Harnstofflösung, die man sogar ohne Gefahr für Leib und Leben trinken könnte. Was aber hat nun der Harnstoff in einem Auto verloren?

Blicken wir kurz zurück: Es waren die äußerst strengen Abgasvorschriften, die den Verkauf von Dieselmotoren in den USA bislang erschwerten. Vor allem in großen SUVs war ihr Einsatz bisweilen daran gescheitert, dass sie zu viele Schadstoffe, explizit Stickoxide, emittierten. Man musste also ein System finden, dass den Diesel umweltverträglich macht.

Blau ist sauber

Mit den jetzt vorgestellten BlueTEC-Motoren der zweiten Generation ist es Mercedes gelungen, als erster Hersteller eine Zulassung für Diesel-SUV in allen fünfzig Bundesstaaten zu erhalten - inklusive Ländern wie Kalifornien, das für seine besonders niedrigen Abgasgrenzwerte berüchtigt ist.

Angefangen hat die BlueTEC-Offensive bereits im Oktober 2006. Mercedes hat damals mit dem E 320 BlueTEC den ersten Stuttgarter Selbstzünder nach Jahrzehnten wieder in die USA gebracht. Die Abgasreinigung erfolgt in drei Schritten: Zuerst werden Kohlenmonoxid und unverbrannte Kohlenwasserstoffe mittels eines Oxidationskatalysators minimiert. Im zweiten Schritt werden Rußpartikel bis zu einem kaum mehr nachweisbaren Niveau aus den Abgasen gefiltert.

Problem: Stickoxide

Bleiben noch die gegenüber Benzinmotoren bei Selbstzündern prinzipbedingt höheren Stickoxide, kurz NOx. Bei der E-Klasse BlueTEC werden diese durch einen NOx-Speicherkatalysator in Verbindung mit einem nachgeschalteten SCR-Katalysator (Selective Catalytic Reduction) reduziert.

In der neuen Generation der BlueTEC-Motoren kommt dagegen eben jener Harnstoff zum Einsatz. Sie arbeiten mit einer Kombination aus AdBlue-Einspritzung und einem SCR-Katalysator. Dabei wird die Harnstofflösung in den Abgasstrang eingespritzt und zerfällt zunächst in ihre Bestandteile Wasser und Harnstoff. Letzterer wiederum wandelt sich bei 170 Grad Celsius in Ammoniak um, den eigentlichen Wirkstoff.

Die Lösung heißt Ammoniak

Der Ammoniak wird im Katalysator gespeichert und wandelt die durchströmenden Stickoxide in unschädlichen Stickstoff um. Die AdBlue-Technik bietet insofern Vorteile, weil der Motor nicht mehr zwischenzeitlich mit fetter Verbrennung laufen muss, um den NOx-Katalysator zu reinigen und die gebundenen Stickoxide in Sauerstoff und Stickstoff zu verwandeln. Das wiederum führt aber zu höherem Verbrauch.

Zum Einsatz kommt das AdBlue-System schon seit Jahren in Lkw und kann somit zurecht als ausgereift bezeichnet werden. In den USA sind zukünftig die Baureihen R- und GL-Klasse sowie die kürzlich überarbeitete M-Klasse als BlueTEC-Version mit AdBlue erhältlich. Der rund 30 Liter fassende Harnstoff-Tank im Kofferraum soll laut Hersteller ein Wartungsintervall lang reichen. Im Schnitt konsumiert der BlueTEC-Motor 0,1 Liter AdBlue auf 100 Kilometer. Nachgefüllt wird dann im Rahmen des Kundendienstes.

Einfach nachzufüllen

Sollte der Harnstoff zwischenzeitlich dennoch zur Neige gehen, warnt das Auto den Fahrer. AdBlue ist bereits an vielen Tankstellen und bald sogar im Supermarkt erhältlich und lässt sich auch selbst problemlos auffüllen. Nur Tropfmengen sind sofort aufzunehmen, da der Harnstoff sehr schnell kristallisiert und unschöne weiße Krümelchen hinterlässt.

Bei unserer Testfahrt mit dem neuen ML 320 BlueTEC - Mercedes verzichtet den Amerikanern zu Liebe auf den Zusatz CDI - konnten wir die blaue Technik ausprobieren. Resultat: Der Fahrer merkt überhaupt nichts von den hochkomplexen Prozessen, die unter der Motorhaube ablaufen. Kultiviert und leise verrichtet der Saubermann sein Werk, nur unter Vollast klingt das Aggregat kernig.

Etwas weniger Leistung

Mit 211 PS leistet der drei Liter große V6 im 320 BlueTEC vernachlässigbare 14 PS weniger als der 320 CDI, stemmt dafür aber 30 Newtonmeter mehr auf die Kurbelwelle. Die 540 Nm liegen zwischen 1.600 und 2.800 Touren an und sorgen für kraftvollen Durchzug - ohne schlechtes Gewissen. Zusätzlich ist es den Ingenieuren gelungen, den Verbrauch des über zwei Tonnen schweren ML mit durchschnittlich 9,5 Litern exakt auf dem Niveau des herkömmlichen Selbstzünders zu halten.

In Anbetracht der amerikanischen Tempolimits, die es kaum zu lassen schneller als 100 km/h zu fahren, ist der Normverbrauch freilich problemlos zu erreichen, ja gar zu unterschreiten. Bei unserer Ausfahrt durch den grünen Bundesstaat Vermont zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von unter neun Litern an.

In Amerika sind die drei BlueTEC-SUVs ab Herbst 2008 im Handel. Wann der saubere Selbstzünder auch nach Deutschland kommt, steht dagegen noch nicht genau fest. Die Rede ist von Ende 2009. Bisweilen gibt es hierzulande nur die E-Klasse als E 300 BlueTEC ohne AdBlue-Zusatz.

Fazit

Saubere Sache: Mit dem BlueTEC-SUVs könnte Mercedes einen Erfolg in den USA landen. Die steigenden Kraftstoffpreise regen auch in der Neuen Welt zum Nachdenken an, sparsamere Fahrzeuge werden attraktiver. Hatten Diesel-Motoren bisweilen überhaupt noch Nachteile gegenüber Benzinern, so waren dies hauptsächlich die Rußpartikel und der Stickoxid-Ausstoß. Mit dem flächendeckenden Einbau von Partikelfiltern hat sich ersteres Problem in den vergangenen Jahren weitgehend gelöst.

Die BlueTEC-Technologie tut nun ihr übriges, um auch den zweiten Nachteil zu minimieren. Mit einer Reduzierung der Stickoxid-Emission um mehr als 80 Prozent erfüllen die BlueTEC-Diesel schon heute zukünftige, noch strengere Abgasnormen. BlueTEC ist aber noch lange nicht ausgereizt. Die Studie GLK BlueHybrid zeigt, wie ein Hybrid-Fahrzeug auf Basis eines BlueTEC-Diesel aussehen könnte. Zusätzlich zu den sauberen Abgasen soll sich durch den Elektromotor eine deutliche Reduzierung des Verbrauchs realisieren lassen. Schon 2009 will Mercedes sowohl S- als auch M-Klasse als BlueHybrid auf den Markt bringen.

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