Zum Hauptinhalt springen
AutoScout24 steht Ihnen aktuell aufgrund von Wartungsarbeiten nur eingeschränkt zur Verfügung. Dies betrifft einige Funktionen wie z.B. die Kontaktaufnahme mit Verkäufern, das Einloggen oder das Verwalten Ihrer Fahrzeuge für den Verkauf.

Grenzbereich: Mercedes-Benz S-Klasse Coupé und CL – Wenn der Opa mit dem Enkel

Stolz wie Oskar war Mercedes-Benz Anfang der 1990er Jahre auf seine S-Klasse. Die 140er-Baureihe sollte alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen - und erntete doch vor allem Gelächter. Zu groß, zu schwer, zu breit, zu hässlich. Das Urteil der Fachpresse war vernichtend.

Dass die dicke S-Klasse in den USA und im Nahen Osten den Nerv der Zeit traf, kümmerte die Kritiker hierzulande wenig. Knapp zwanzig Jahre danach ist es Zeit für ein Generationentreffen. Wir schreiben das Jahr 2013 und der W140 ist aus dem deutschen Straßenbild nahezu gänzlich verschwunden. Erst recht als Coupé lässt sich der letzte automobile Zeuge Helmut Kohls kaum mehr Blicken. Wo die Dicken hin sind, weiß man nicht genau. Weder in den USA noch in Russland fallen einem übermäßig viele 140er auf. Wir haben Opa und Enkel zusammengebracht und wollten wissen: Was ist geblieben? Was ist heute besser? Und was war damals schöner?

Großer Auftritt für den Großvater

Mit großen, ebenen Flächen und kantigen Formen ist das S-Klasse Coupé aus den 90er Jahren eine Erscheinung, die auch in Zeiten eines Audi Q7 durchaus noch respekteinflößend, zumindest aber aufsehenerregend ist. Egal wo man mit dem 140er auftaucht, die Blicke sind einem sicher. Mit dem neuen, gefälliger gezeichneten CL passiert einem das nicht; vor allem nicht in München, wo Luxuskarossen das Straßenbild prägen. Viel zu passend fügt sich der Neue hier ein, tanzt - so gut das einem Fünf-Meter-Auto gelingen kann - nicht aus der Reihe.

Auch beim Einsteigen merkt man deutliche Unterschiede: Der CL hat zwar schwere Türen und dicke Scheiben. Die Türen des 140er aber erinnern mit ihrem Gewicht schon eher an einen Kleinwagen und die Scheiben würden heute fast schon als Panzerglas durchgehen. Und trotzdem zieht die Servoschließung diese massigen Türen ganz sanft in Schloss - damals wie heute. Während dem Türschließen im 140er allerdings das Ausfahren des Gurtreichers folgt, müssen sich CL-Passagiere selbst nach den in die Integralsitze eingebauten Gurtbänder umdrehen.

Der Charme der großen Coupés

So unterschiedlich das Ambiente auch ist, auf der einen Seite moderner, edler Luxus, auf der anderen Seite Bonner Republik vom Feinsten, merkt man trotzdem schnell, dass es ein und dieselbe Familie ist. Zwar haben es nur wenige Details, wie etwa die Klappfächer in den Türen oder die Schalter für die Sitzverstellung, doch ist es Mercedes gelungen, das Ambiente, die Aura des großen Coupés zu bewahren. Zumindest der Fahrer fühlt sich heute noch so gut wie damals; während aber die Dame auf dem rechten Platz sich in den 90ern wie die Kaiserin fühlte, ist sie heute eher nur noch Beifahrerin.

Das merkt man auch daran, dass man die rechts Sitzenden ihrer Befugnisse beraubt hat. Konnten sie früher alle vier Fensterheber nach Lust und Laune bedienen, haben sie heute nur noch Zugriff auf ihren eigenen; die Tastenarmada ist von der MIttelkonsole in die Fahrertür gewandert. Selbst die Steuerung aller vier Luftduschen, von links bis rechts, war früher für beide griffgünstig in der Mitte. Dreht die Beifahrerin heutr ihren Luftstrom ab, muss der Fahrer - wenn die Dame den Wagen verlassen hat - sich verrenken, um die rechte Lüftung wieder zum Pusten zu bringen.

Zeit zu genießen

Damals wie heute aber gilt. Wer im Fahrzeugbrief eingetragen ist, der hat es geschafft. Der hat die Zeit, in der er als Firmenchef in der S-Klasse Limousine gestresst von einem zum nächsten Termin hetzen muss hinter sich. Der hat Zeit zu genießen, Zeit für schöne Reisen, zu zweit mit dem Luxuscoupé.

Darf ich bitten, gnä‘ Frau, München-Meran, mit dem edelsten aller Mercedes und ihnen auf dem Beifahrersitz, den Wind durch die komplett geöffneten Seitenscheiben im Haar, ein kleiner Espresso am Brenner und auf dem Rückweg ein paar Kisten Wein im Kofferraum. Ja, das ist die Welt der großen Coupés, erst recht in den Neunziger Jahren, aber auch heute noch.

Reiserechner statt Bordcomputer

Schon vor knapp zwanzig Jahren versuchte Daimler die Reise so angenehm wie möglich zu machen. Orthopädische Sitze, automatisch abblendender Innenspiegel, per Tastendruck ausfahrbares Heckrollo, Klima und Sitzheizung sowieso. Sogar einen Bordcomputer gab es, damals noch Reiserechner genannt und hinter einer Klappe auf dem Armaturenbrett versteckt. Wer nicht willens war, 1.500 Mark dafür zu investieren, bekam stattdessen ein kleines Ablagefach, musste sich den Spritverbrauch und die Restreichweite allerdings selber ausrechnen.

Was für den heutigen CL freilich kein Problem ist, war damals eine Sensation: Über eine Taschenrechner-ähnliches Tastenfeld hinter dem Automatikwählhebel konnte man dem Reiserechner sagen, wie viele Kilometer Fahrt man vor sich hat und der kleine Computer ermittelte die Ankunftszeit; ab 1996 gab es sogar ein kleines, viereckiges Navigationssystem. Für Echtzeit-Staumeldungen und Ausweichrouten waren allerdings noch Radio und Beifahrer zuständig. Beides wird in Zeiten von Online-Diensten und Google-Maps-Einbindung überflüssig.

Skurril und liebenswert

Überflüssig wurden auch, noch während der Bauzeit des 140ers, die Peilstäbe, die beim Rückwärtsfahren helfen sollten, im Grunde aber nur ein ebenso skurriles wie liebenswertes Extra des Dicken waren. Denn auch nach dem die hydraulisch ausfahrenden Stäbe verlängert wurden, gaben sie dem Fahrer nur wenig Auskunft darüber, wie viel Platz noch zum Hintermann ist. Erst die mit dem Facelift Einzug haltenden Ultraschallsensoren erleichterten das Parken tatsächlich. Die kleinen Scheibenwischer an den Scheinwerfern haben die Modellpflege dagegen überlebt und vielen erst in der nächsten Generation einer modernen Scheinwerferreinigungsanlage zum Opfer

Ebenfalls in die Schublade „Außergewöhnliches“ fällt der aus dem Heckdeckel ausfahrende Chromgriff zum Öffnen des Kofferraums. So sollten schmutzige Finger der Vergangenheit angehören; damit der kleine Griff sauber bleibt, verschwindet er nach dem Schließen, wenn die Servotechnik die Klappe sanft ins Schloss gezogen hat, wieder im Inneren des Heckdeckels. Solche Spielereien, die Beleg dafür sind, mit wie viel Liebe zum Detail die Ingenieure damals am Werk waren, und das Geld seinerzeit nur eine geringe Rolle spielte, sucht man heute vergebens.

Treibende Kraft

Geblieben sind dagegen die acht Zylinder des 500ers. Waren es in dem 90er-Jahre-Coupé tatsächlich noch fünf Liter Hubraum, aus denen das Triebwerk frei atmend seine Kraft schöpft, so setzt man heute auf Zwangsbeatmung und nur noch 4,6 Liter. Die Leistungsausbeute ist heute natürlich höher, 435 PS stehen bereit und schlägt der Turbo zu, geht der CL ab wie Schmidts Katze.

Ganz so zügig ist man mit dem 140er nicht unterwegs. Zwar bescheinigt auch ihm der Fahrzeugschein eine Endgeschwindigkeit von 250 km/h, in Bewegung setzt sich der mit über 2,1 Tonnen Leergewicht bepackte Benz aber nicht ganz so dynamisch. Nach guter Saugermanier reagiert der 320-PS-Motor zwar unverzüglich auf den Gasbefehl, doch bis sich schließlich auch die Fünfgang-Automatik angesprochen fühlt, vergeht einige Zeit. Und auch dann kann man eher von einem „zügig an Fahrt aufnehmen“ sprechen denn von „gewaltiger Beschleunigung“.

Komfort ohne Kompromiss

Einhellig ist die Meinung wiederum in puncto Fahrkomfort, für beide Generationen ist das Wohlfühlen der Passagiere das oberste Ziel und sportliche Gangarten lehnen sie eher ab. Während der aktuelle CL serienmäßig mit der Wankstabilisierung ABC daherkommt, konnte auch schon beim 140er ein adaptives Fahrwerk geordert werden. Das aber braucht’s gar nicht, denn auch mit den Standard-Federn und -Dämpfern gleitet der dicke Benz gemütlich vor sich hin und schluckt Unebenheiten genauso freudig wie Benzin.

Denn auch beim Verbrauch sind beide kompromisslos. Zwar nimmt sich der heutige 500er mit 9,9 Litern im EU-Zyklus etwas weniger als der 140er, der damals mit 12,2 Litern bewertet wurde. In der Praxis schlürfen jedoch beide kräftig am Benzintank. Zumindest in der Stadt laufen hier wie da gerne mal 20 Liter durch die Benzinleitungen; auf der Autobahn dagegen bewegen sich beide, bei moderater Fahrt, ziemlich nahe am Normwert.  

Manches ändert sich nie

Und in noch etwas ähneln sich Opa und Enkel ziemlich stark: Beide erfordern, nicht nur für den Unterhalt, ein gut gefülltes Bankkonto. 120.607 Euro werden nach der aktuellen Preisliste für den CL 500 veranschlagt, der heutzutage das Einstiegsmodell in die Baureihe darstellt.

Wer in den 90er Jahren zum 500er Griff, bekam schon das etwas bessere Modell, Basis war seinerzeit das 279 PS starke S 420 Coupé. Für den S 500 mussten damals 173.823 D-Mark auf den Tisch gelegt werden. Und heute wie damals scheute Daimler nicht davor zurück, den Kunden noch reichlich Geld für Sonderausstattungen aus der Tasche zu ziehen. Manche Dinge ändern sich eben nie...

Lust bekommen?

Was seinerzeit ein Vermögen gekostet hat, gibt es heute relativ günstig. In der Gebrauchtwagenbörse von AutoScout24 finden sich einige gut erhaltene 140er Coupés aus den 90er Jahren für wenige Tausend Euro.

Was es bei der Suche zu beachten gilt: Das große Coupé hat in seiner Laufzeit drei Mal seinen Namen geändert; von 1992-1993 firmierte es noch als SEC, dazwischen, wie der von uns gefahrene, als S-Klasse Coupé (1992-1996) und nach dem Facelift, wie heut noch, als CL (1996-1998). Weitere Tipps zum 140er-Kauf finden Sie außerdem in unserer Kaufberatung. Und auch wer einen neuen CL nicht beim Händler erstehen will, wird bei AutoScout24 fündig.

Wollen Sie jetzt durchstarten?

Alle Artikel

mercedes-gle-350de-2024-titelbild

Test Mercedes GLE 350 de: Mit dem Diesel an die Ladesäule

Testberichte · Mercedes-Benz
Mercedes-AMG-C63-E-Performance-2024-Titelbild

Test Mercedes-AMG C 63 S E Performance: Prince (Un)charming

Testberichte · Mercedes-Benz
AMG63-Hero

585 PS zum Golf-Preis: Mercedes-AMG E 63 S 4MATIC T-Modell als Gebrauchter

Testberichte · Mercedes-Benz
Mehr anzeigen