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Praxistest: Besser sitzen dank AGR-Knowhow – Kampf dem Rückenschmerz

Der Mensch, das einzige Lebewesen mit der Fähigkeit zum aufrechtem Gang, verbringt zumindest in unseren Breitengraden den größten Teil des Tages im Sitzen, was seinem Rückgrat gar nicht gut tut.

Zudem strapaziert er es beim Autofahren: Durchschnittlich 300 Stunden pro Jahr verbringt er hinterm Lenkrad sitzend, von den Vielfahrern ganz zu schweigen, von denen viele auf mehr als 1500 Stunden kommen – selbst ohne die inzwischen alltäglichen Standzeiten in Staus. Für die Wirbelsäule ist das eine ziemliche Belastung, denn die Bandscheiben leben von der Bewegung, an die im Auto nicht zu denken ist. Sitzen im Auto nennt Detlef Detjen, Mitglied des Direktoriums der „Aktion Gesunder Rücken“ (AGR), deshalb „die schlimmste Form des Sitzens“. Kommt dann noch ein schlechtkonstruierter Sitz hinzu, sind Schmerzen vorprogrammiert, und jede größere Tour wird zur Leidenszeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert, ist groß: Viele Modelle werden mit Sitzen ausgeliefert, die aus AGR-Sicht „für Langstreckenfahrten absolut ungeeignet“ sind.  

Hinter diesem harten Urteil steckt eine Initiative, die medizinisches und physiotherapeutisches Wissen bündelt, um den Kreuzschmerz zu bekämpfen. Wer die AGR konsultiert, erfährt unter anderem, wie ein rückenschonender Autositz beschaffen sein muss. Zwei Punkte sind besonders wichtig: Die Lehne sollte – erstens - die Form der Wirbelsäule nachzeichnen, also von der Seite gesehen S-förmig geschwungen sein und – zweitens - über eine verstellbare Lordosenstütze – besser vier- als zweifach – verfügen, die eine Hohlkreuzbildung verhindert.

Auch den Beckenbereich sollten Fahrer und Passagiere so gut wie möglich abstützen – beispielsweise indem sie nach dem Einsteigen den Allerwertesten noch einmal lupfen und dabei bewusst tiefer in die Polster drücken. Der seitliche Halt, meinen die Experten, sei weniger wichtig, denn rasante Kurvenfahrten könne man heutzutage ohnehin kaum noch absolvieren. Was bleibe, sei eine Behinderung beim Ein- und Aussteigen, die besonders im Kurzstreckenverkehr als beschwerlich empfunden werde.

Der Abstand zu Lenkrad und Pedalen ist richtig gewählt, wenn das Knie bei durchgetretener Kupplung noch leicht angewinkelt ist. Die Schultern dürfen, wenn der Handballen auf dem Lenkrad liegt, den Kontakt zur Lehne nicht verlieren. Die Rückenlehne sollte nicht zu weit nach hinten geneigt werden, aber auch nicht ganz gerade gestellt sein. Empfohlen wird ein Winkel von rund 100 Grad, denn eine leichte Rückwärtsneigung des Oberkörpers entlastet Muskulatur und Bandscheiben. Die Sitzfläche sollte vorne leicht ansteigen, damit der Oberschenkel nach Möglichkeit komplett aufliegt. Nur im Bereich der Kniekehle ist das nicht sinnvoll: Hier sollte der Abstand zwischen Sitz und Bein zwei bis drei Fingerbreit betragen, um eine gute Durchblutung der unteren Extremitäten zu gewährleisten. Wenn dann der Hinterkopf nicht mehr  als vier Zentimeter von Kopfstütze entfernt ist und deren Oberkante auf einer Linie mit dem Scheitel liegt, hat der Fahrer richtig Platz genommen und das Sitzentwickler-Team alles richtig gemacht.

Das Rückenschmerz-Grundproblem kann allerdings auch der beste Sitz nicht lösen: Zu 80 bis 85 Prozent, betonen die Experten, seien die Beschwerden auf eine nicht ausreichend trainierte Muskulatur zurückzuführen. Ein Sitz mit dem Gütesiegel der „Aktion Gesunder Rücken“ wird daran nichts ändern, kann aber zumindest Verspannungen entgegenwirken.  

Das Interesse auf Seiten der Autofahrer  ist groß. Von den deutschen Opel-Kunden, die das Modell ihrer Wahl mit AGR-Sitzen ordern können, entscheiden sich 55 Prozent für diese Option. Ungeachtet des offenkundigen Bedarfs kooperieren derzeit jedoch nur wenige Autohersteller mit der „Aktion Gesunder Rücken“, und lediglich drei – neben Opel noch Mercedes-Benz und VW – haben überhaupt Sitze mit dem von der AGR vergebenen Prüfsiegel im Angebot. Die AGR-Auszeichnung gilt übrigens maximal fünf Jahre, kann aber schon früher entzogen werden, wenn neue Erkenntnisse der Wissenschaft ein einmal festgelegtes Prüfkriterium hinfällig machen.

Opel nimmt für sich in Anspruch, sich als erster Hersteller mit diesem Thema beschäftigt zu haben. Seit 2003 bietet das Unternehmen AGR-Sitze an; zwei Millionen wurden inzwischen eingebaut. Die Entscheidung für einen AGR-zertifizierten Fahrersitz erhöht den Fahrzeugpreis derzeit um 390 Euro. Soll der Beifahrer ebenfalls in den Genuss ergonomisch geformter und verstellbarer Polster kommen, sind insgesamt 685 Euro fällig. Angeboten werden die AGR-Sitze mittlerweile in den Baureihen Meriva, Astra, Cascada, Insignia und Zafira, und auch die Mokka-Neuauflage wird damit bestückbar sein.

Nach Angaben von Andrew Leuchtmann, dem obersten Sitzentwickler des Unternehmens, entfallen sechs bis zwölf Prozent der Produktionskosten eines Pkw auf dessen Sitzanlage. Die Entwicklung einer komplett neuen Sitzgeneration dauere rund fünf Jahre und stelle eine 40- bis 70-Millionen-Euro-Investition dar. Sitze, so Leuchtmann, seien „mit das Teuerste im Auto“ – nicht zuletzt weil unter den Schaumstoffpolstern eine sowohl vielfältig verstellbare als auch extrem belastbare Leichtbau-Konstruktion steckt. Sie darf, zum einen, bei Crashs nicht kollabieren und sollte zum anderem für zierliche Frauen ebenso gut nutzbar und komfortabel sein wie für große schwere Männer. Dieser Spagat ist schwierig, doch die Entwickler wollen ihn künftig noch besser beherrschen. Man habe viele weitere Ideen, wie sich die Konturierung des Sitzes noch individueller anpassen lasse, verrät der Experte, „und auch in Sachen Massage ist noch einiges denkbar“.

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