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Praxistest: Nissan Tiida – Nicht schön, aber selten

Langweiler fuhren früher Opel Omega. Ein Auto ohne Charme mit dem man weder die falsche, noch überhaupt eine Aussage über individuelle Ansichten trifft. Nun baut Opel den Omega schon seit 2003 nicht mehr, die Langweiler sind aber immer noch da.

Heute fahren sie zum Beispiel Nissan Tiida mit Stufenheck. Ein Selbstversuch soll mir zeigen, wie man sich als Spießer fühlt.
Man muss natürlich kein Langweiler sein, um einen Tiida zu fahren. Schließlich sieht der kompakte Japaner in der Steilheckversion zwar nicht überragend schön, aber doch nicht hässlich aus. Wer sich dagegen in das Stufenheckmodell traut, bringt am besten eine große Portion Selbstbewusstsein und Gleichgültigkeit gegenüber der Meinung Anderer mit.

Denn statt neidischer Blicke der Umstehenden erntet man zunächst eher Mitleid. Zumindest erging es mir so, als ich auf dem Hof und vor mir unser Testwagen stand. Noch dazu in travertinbeiger Bemalung, was an Emotionslosigkeit nur noch von einem frischen Steingrau übertroffen wird. Das schadenfrohe Grinsen meiner in Porsche und Jaguar einsteigenden Kollegen im Rückspiegel wahrnehmend, rolle ich also mit dem Tiida von dannen.

Gar nicht so langweilig

Leicht bedrückt steuere ich den Nissan nach Hause – in die Tiefgarage. Erst dort wage ich, unbeobachtet von Fremden, einen genaueren Blick auf den fast viereinhalb Meter langen Tiida. Und siehe da, im schummrigen Licht einer flackernden Neonröhre erscheint der Langweiler gar nicht mehr so langweilig.

Zugegeben – ein Stufenheckmodell in der Kompaktklasse, das lockt kaum jemanden hinterm Ofen hervor. Zumindest nicht in Deutschland, wo sich derartige Fahrzeuge wenn überhaupt in den östlichen Bundesländern verkaufen lassen. Blickt man aber über den Eintopftellerrand in Richtung Pasta-, Paella- oder Bouillabaisseschüssel, stellt man schnell fest: In anderen Ländern steht man aufs Stufenheck.

Kein Kassenschlager

So darf die kleine Anzahl von bislang 500 verkauften Stufenheck-Tiidas in Deutschland nicht seinen Qualitäten angelastet werden, sondern wenn überhaupt den geschmacklichen Vorlieben deutscher Autokäufer. Denn: Der Nissan Tiida bietet alles, was das Autofahrerherz benötigt.

Wer die klassisch-konservative Stufenheckform zur Genüge betrachtet hat und eintritt, erlebt ein großzügiges Platzangebot. Vorne wie hinten sitzen auch Großgewachsene kommod und im Kofferraum finden immerhin 500 Liter Gepäck ihren Platz. Eine umklappbare Rückbank wie bei den Steilheckversionen bietet die Limousine allerdings nicht.

Alles drin

Hinter dem nur in der Höhe justierbaren Lenkrad blickt der Fahrer auf klassische Rundinstrumente. Tasten am Volant dienen zur Bedienung von Radio und Tempomat. Jawohl, so was hat der Nissan Tiida. Und er hat noch mehr. Klimaanlage, elektrische Fensterheber, Xenon-Scheinwerfer und sogar ein Navigationssystem. Das wiederrum kommt in Kombination mit einer Bluetooth-Freisprecheinrichtung, die sowohl für Bedienung als auch Qualität ein Extra-Lob verdient.

Zugegeben, unser Testwagen wurde in der höchsten Ausstattungslinie Tekna geliefert (ab 21.490 Euro) und kommt inklusive aller Spielereien auf einen Preis von über 25.000 Euro. Doch dafür entschädigt der Tiida die schelmischen Blicke der Kollegen. Selbst wenn das Ledermobiliar nicht an die edlen Tierhäute von Poltrona Frau heranreicht und der Charme der Hartplaste nicht jeden gleich umfängt – das Cockpit wirkt solide, gut verarbeitet und wohnlich.

Angenehme Extras

Unvermeidlich rückt der nächste Morgen näher, und damit das Ausrücken aus der schützenden Tiefgarage, direkt vor die Augen neugieriger Passanten – einen Tiida haben sie scheinbar noch nicht gesehen. Doch was gestern noch eher gesenkten Hauptes stattfand, fällt heute schon viel leichter. Schließlich begrüßt mich der Tiida gleich mit sich selbst entriegelnden Türen – dem schlüssellosen Zugangssystem sei Dank. Und die Sitzheizung versüßt die Fahrt ins Büro auf jeden Fall.

Die eigentliche Arbeit übernimmt im Tiida ein 1,8 Liter großer Vierzylinder-Benziner, der 126 PS entwickelt und ein maximales Drehmoment von 173 Newtonmetern bereitstellt. Dass diese erst bei hohen 4.800 Umdrehungen anliegen, stört im Stadtverkehr kaum. Zusammen mit dem kurz übersetzten Sechsgang-Schaltgetriebe präsentiert sich das drehfreudige Triebwerk durchaus spritzig.

Kein Alpen-Freund

Zumindest, solange es nicht bergauf geht. Leichtere Steigungen bringen den Motor schnell ins Schwitzen und den Fahrer zum Schalten. Wer also nach Italien will, sollte besser die Autobahn statt der alten Brennerstraße benutzen. Kurvige Alpenpässe scheut der Tiida, wie der Wessi das Kompaktmodell mit Stufenheck.

Diese Abneigung liegt aber nicht nur im Motor begründet, sondern auch in der Fahrwerksabstimmung, bei der Komfort ganz offensichtlich oberste Priorität genoss. Spürbare Seitenneigung in Kurven ist der Preis, den man fürs tadellose Neutralisieren von Unebenheiten zahlt. Wer will, kann den Tiida problemlos zum Untersteuern zwingen, maßregelnd greift dann das serienmäßige ESP ein.

Gehts geradeaus, zeigt sich der Tiida von seiner besten Seite. Selbst bei hohen Geschwindigkeiten läuft der Nissan unaufgeregt und spurtreu dahin und schafft  - ohne großen Anlauf - fast 200 Kilometer pro Stunde. Und mit einem Durchschnittsverbrauch von knapp unter neun Litern ist die Limousine zwar nicht sparsam, aber noch  akzeptabel durstig.

Fazit

Keine Frage, der Nissan Tiida ist kein Hingucker. Das konservative Design des Stufenheckmodells kann kein schlagendes Verkaufsargument sein. Doch auf den zweiten Blick offenbart der Japaner überzeugende Qualitäten: Er bietet jede Menge Platz, viel Komfort, gegen Aufpreis alle wünschenswerten Sonderausstattungen und einen Motor, der – abgesehen von kleinen Schwächen am Berg – überzeugt. Und wenn das ein Langweiler-Auto bieten kann, bin ich gern ein Spießer…

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