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Test: Abt Golf 7 VS4 – Märchenstunde

Wohl kaum eine Floskel dürfte in der Tuning-Szene häufiger fallen als die des „Bösen Golfs“. Mittlerweile sieben Generationen des Kompaktklassikers bieten schließlich eine große Spielwiese, auf der sich Profis und Laien gleichermaßen mit teilweise obskuren Ergebnissen verkünstelt haben.

Ein Stelldichein geben sich die bösen Golfs jedes Jahr beim GTI-Treffen am Wörthersee. Eine Bühne, die auch der neueste Wurf des Kemptener Volkswagen-Tuners Abt nicht zu scheuen braucht. Daraus, dass ihnen der Standard-Golf aus Wolfsburg viel zu langweilig ist, machen die Abt-Jungs keinen Hehl und haben dem Kompakten kurzerhand zahlreiche Anbauteile auf den Leib geschneidert. Ein Frontspoiler rückt den VW schon optisch näher an die Straße, der Kühlergrill wird deutlich schmaler und Scheinwerferblenden sorgen für den bösen Blick. Dazu kommen prollige Seitenschweller und Spiegelkappen in Karbon-Optik, auf die man allerdings auch getrost verzichten könnte.

Außen hui, innen Standard

Ein Muss dagegen ist die Heckschürze mit vier fetten Endrohren und natürlich auch der ausladende Heckspoiler an der Dachkante. Der Karbonaufsatz für die Heckklappe fällt dagegen wieder in die gleiche kategorie, wie die Spiegelverzierung und will nicht so ganz zum Rest passen. Scheinbar nichts zu meckern gab es übrigens im Innenraum: Außer einem Fußmattensatz, beleuchteten Einstiegsleisten und einem Abt-Aufkleber am Rückspiegel haben die Kemptener das ergonomisch wie qualitativ nahezu perfekte Golf-Cockpit unberührt gelassen.

Keinesfalls die Finger lassen konnten sie vom Motor, der aber gar nicht so recht zu der aufgemotzten Kiste passen will. Unter der auf Krawall getrimmten Außenhaut, die gut und gerne auf einen hochgezüchteten Benziner schließen ließe, steckt nämlich ein harmloser Zweiliter-Diesel, wie er sich in jedem Vertreter-Kombi wiederfindet.

Zwischen Serie und GTD

Immerhin fast 14 Prozent mehr Leistung holt Abt, rein elektronisch durch ein Zusatzsteuergerät, aus dem populären Selbstzünder, oder anders ausgedrückt: 20 PS. Mit seinen jetzt 170 Pferdestärken schließt der Abt-Golf die Lücke zwischen seinem Serien-Pendant und dem Wolfsburger Starkmodell GTD mit 184 PS. Auch sein Drehmoment reiht sich mit 360 Newtonmetern zwischen den 320 und 380 Newtonmetern der Ab-Werk-Modelle ein.

Gegenüber der Basis liegt die volle Kraft in der Abt-Version etwas später an, zwischen 2.000 und 3.200 Umdrehungen statt schon bei 1.750 Touren. Dabei von einer Anfahrschwäche zu sprechen, wäre allerdings gelogen, vielmehr kaschiert das 6-Gang-DSG ein mögliches Turboloch gekonnt. Im Vergleich mit seinem Konzernbruder A3, der ebenfalls in den Genuss des Abt-Umbaus kommt und uns als Handschalter zur Verfügung stand, wirkt die Automatik-Variante in Sachen Durchzug allerdings deutlich zahmer.

DSG frisst Leistung

Das gewisse Extra, das der Kemptener Leistungszuwachs verspricht, wird größtenteils vom Doppelkupplungsgetriebe verschluckt und erscheint der Golf, anders als der umgebaute A3, kaum spritziger als mit dem Serienmotor. Zumindest hält der Antrieb nicht das, was die martialische Optik verspricht; vor allem dann nicht, wenn der aufgeplusterte Golf beim Kavalierstart wiederum Probleme hat, die Kraft über die Vorderräder auf die Straße zu bringen und mit scharrenden Rädern versucht vom Fleck zu kommen.

Dementsprechend gering wirkt sich der Umbau auch auf die Messwerte aus; die Beschleunigung von Null auf Tempo 100 geschieht ein paar Zehntel schneller (8,3 Sekunden) und die Vmax liegt fünf Zähler höher (221 km/h). Wie so oft in der Tuning-Szene dürfte es denen, die gut 2.200 Euro für das Motoraufpuschen ausgeben, aber gar nicht darum gehen, schneller am Ziel zu sein, sondern beim nächsten Golf-Treffen den Stärkeren zu haben.

Mehr Querdynamik

So ist auch fraglich, ob die Käufer der Abt-Fahrwerksfedern (rund 1.000 Euro), die den Golf 35 Millimeter näher an die Straße bringen, nur aus optischen Gründen zuschlagen oder tatsächlich den Querdynamik-Zuschlag zu schätzen wissen. Die straffere Abstimmung erlaubt dem Golf nämlich eine durchaus sportlichere Gangart, die allerdings mit der meist einhergehenden, höheren Längsbeschleunigung auch in einem gesteigerten Verbrauch gipfelt.

So gibt sich der Zwei-Liter-Diesel ab Werk mit einem Normverbrauch von nur 4,4 Litern zwar als Sparmeister aus, doch schon in der Serienversion sind Verbräuche um die sechs Liter – bei normaler Fahrt - durchaus realistisch. Die sechseinhalb Liter, die sich der Abt in unserem Test durchschnittlich auf 100 Kilometer genehmigte, sind also kaum der Leistungssteigerung anzukreiden. In Kempten ermittelte man 0,1 Liter Mehrverbrauch gegenüber dem Standardmodell.

Komplett-Paket

Wem die 150 Serien-PS übrigens ausreichen, der kann sich bei Abt seinen Golf auch nur optisch herrichten lassen. Die Aerodynamik-Teile schlagen inklusive Lackierung und Montage mit rund 6.500 Euro zu Buche; dazu gibt es passende – empfindliche – 18- und 19-Zoll-Radsätze für 2.000 bis 2.500 Euro. Voraussetzung für den Umbau ist natürlich immer ein Golf 2.0 TDI, den es mit DSG in der Comfort-Line-Ausstattung für 27.100 Euro gibt.

Allerdings muss der Basis-Golf nicht erst beim VW-Händler geordert und dann zu Abt zum Umbau gebracht werden. Bei allen rund 125 Abt-Standorten kann auch das Komplett-Fahrzeug bestellt werden. Sie sind auch Ansprechpartner im Garantiefall, den – anders als bei vielen Tunern – erlischt durch die Umbaumaßnahmen die Werksgarantie von Volkswagen nicht. Die wohl niemals endende Märchenstunde mit der Geschichte vom bösen Golf hat ein neues Kapitel erhalten. Abt macht mit seinen umfangreichen Karosserieanbauten aus dem harmlosen Wolfsburger einen finster dreinschauenden Hingucker im Straßenverkehr, der zumindest mit den optionalen Fahrwerksfedern auch Querdynamisch etwas mehr zu bieten hat als die Serienversion – ohne dabei tuningtypisch unbequem zu werden.

Die rein elektronische Leistungssteigerung um 20 PS hingegen fällt in der Tat eher in die kategorie Märchen. Zwar rückt sie den Golf auf dem Papier näher an den großen Bruder GTD ran, doch ist in der Praxis davon – in Verbindung mit dem DSG - nicht allzu viel zu spüren. Was im Übrigen aber auch nicht sein muss, denn selbst die 150-Serien-PS sind für alle Lebenslagen ausreichend.

Wem es aber tatsächlich ums schnellere Fahren geht, der sollte entweder auf den Handschalter zurückgreifen oder sich überlegen, ob er, wenn es der Geldbeutel hergibt, die 2.200 Euro für den Motorumbau nicht lieber spart und gleich zum noch stärkeren GTD greift. Den gibt es bei Volkswagen mit DSG ab 31.250 Euro.

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