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Test: Ford Tourneo Custom 2.2 TDCi – Riesen Ding

Erst kürzlich konnte uns die neue Mercedes-Benz V-Klasse mit einem im Nutzfahrzeug-Segment nie dagewesenen Luxus und Komfort beeindrucken.

Entsprechend neugierig waren wir, einmal zu schauen, was Ford dieser Tage für Großfamilien mit Nutzwert-Fetisch so auffahren kann. Um sich ein passendes Testexemplar allerdings auszusuchen, muss man sich zunächst einmal bei Ford einen Überblick verschaffen. Trugen früher bei den Kölnern alle Fahrzeuge im VW-Bus-Format noch den Namen Transit, doch mittlerweile herrscht eine gewachsene Vielfalt und eine leicht verwirrende Namensnomenklatur. Es gibt nunmehr eine Zweiteilung: Alles mit Namen Transit  hat reinen Nutzfahrzeug-Charakter, während die Ableger mit vielen Sitzplätzen und speziell an die Bedürfnisse des Personentransportes angepassten Fahrzeuge Tourneo heißen. Der Größte davon ist der Tourneo Custom, der bis zu 5,34 Meter lang und wahlweise mit neun oder acht Sitzplätzen ausgestattet ist. Wie unser Kandidat, hochgerüstet mit Starkdiesel und Topausstattung Titanium.

Fescher Kasten

Wie bei der eingangs erwähnten V-Klasse ist auch beim großen Ford mit der Ende 2012 eingeführten Neuauflage bereits optisch Fortschritt wahrnehmbar, denn das Fußgänger-Unfallschutz-optimierte Gesicht wirkt schnittig, zudem sorgen eine in der Flanke von vorne nach hinten aufsteigende Charakterlinie und eine sich zum Heck hin verjüngende Fenstergrafik für ein modernes, dynamisches Erscheinungsbild. Trotz dieser Designkniffe bleibt sein kastenförmiges Wesen im Kern selbstredend erhalten.

Was auch so sein soll, denn entsprechend bietet der mit 1,98 Meter Höhe am Rande der Tiefgaragentauglichkeit schrammende Riese irrsinnig viel Platz im Innenraum. Gigantische 6.336 Liter gibt Ford als dachhohen Maximal-Stauraum-Wert für die Version 2L mit langen Radstand an. Alternativ gibt es auf drei Sitzreihen acht vollständige Einzelsitze, die viel Freiheit für Köpfe, Beine und Schultern bieten. Die hinteren sechs Sitze verfügen zudem über Isofix-Anker, angenehm konturierte Sitzflächen, verstellbare Lehnen und Kopfstützen sowie in die Lehnen integrierte Dreipunkt-Sicherheitsgurte.

Herausnehmbare Sitze für Starke

Die funktionale als auch solide Bauweise des Gestühls geht allerdings mit einem Nachteil einher: Für die jeweils in einem Einzel- und einem Doppelsitzelement ausbaubaren Sitzreihen braucht man zumindest beim Ausbau der über 50 Kilogramm schweren Doppelsitze zwei Personen, um diese einigermaßen elegant und sicher aus dem Wagen hieven zu können. Sperrig ist das Gestühl außerdem und auch etwas fummelig wieder einzubauen. Dafür wird man nach dem Ausbau mit einem gewaltigen Raumangebot verwöhnt. Oder man sucht sich irgendein Kompromiss aus Stauraumgröße und Zahl der Sitze, denn 30 mögliche Konstellationen zwischen Zwei- und Achtsitzer sind möglich.

Und selbst bei voller Bestuhlung ist ein immerhin noch bis zur Fensterunterkante 1.447 Liter fassender Kofferraum vorhanden, der sich dank einer riesigen, allerdings etwas schweren Heckklappe und einer sehr niedrigen Ladekante leicht beladen lässt. Und man hat zudem noch bequeme seitliche Einstiegsmöglichkeiten, denn serienmäßig ist der Personentransporter mit zwei angenehm leichtgängigen Schiebetüren bestückt. Über die ebenfalls serienmäßigen Trittbretter kommen kleine Kinder als auch betagtere Fahrgäste entsprechend bequem hinein. Und der Einzelsitz der mittleren Reihe lässt sich nach vorne wickeln, um auch den Gästen der hinteren Reihe einen zumindest halbwegs bequemen Durchstieg zu ermöglichen.

Schick, aber nicht edel

Das überragende Raumangebot ist der eine erfreuliche Aspekt, die Inneneinrichtung der andere, denn Ford hat hier fast schon Pkw-artiges Komfortambiente mit hoher Funktionalität gepaart. Nicht jedes Luxusdetail erscheint allerdings sinnvoll: Die Lederbezüge sehen zwar einigermaßen schick aus, doch zeigte der Fahrersitz bei nur knapp über 10.000 Kilometer Laufleistung bereits gewisse Abnutzungserscheinungen. Die weniger schweißtreibenden und vermutlich länger frisch aussehenden Textilbezüge sind da sicherlich sinnvoller. Und beim reichlich verbauten Hartplastik hätte man bei Materialgüte und Verarbeitung im Detail durchaus für etwas mehr Finesse sorgen können. Der Tourneo Custom ist gewiss modern und wohnlich, doch mit der besagten V-Klasse kann der rustikaler wirkende Ford beim Qualitätseindruck nicht mithalten.

Es gibt in jedem Fall einige Annehmlichkeiten, mit denen der Personentransporter betören kann. So befindet sich zentral im Armaturenbrett ein mittelgroßes Farbdisplay für das Navi-Multimediasystem. Wer sich an die Besonderheiten der etwas eigenwilligen Bedienung gewöhnt hat, findet sich gut zurecht. Allerdings muss man als Fahrer einen etwas langen Arm machen, um an das Tasten-Konglomerat in der Mittelkonsole zu erreichen. Manchen Tastengriff kann man sich allerdings auch sparen, denn das Ford-Sync-System hat eine Sprachsteuerung. Und es ermöglicht eine einfache Bluetooth-Koppelung mit dem Smartphone, welches einen praktischen Stellplatz neben dem Lenkrad bekommt und von dort aus auch per USB-Anschluss geladen werden kann. Einen Anruf kann man per Sprachbefehl initiieren, in dem man dem Ford zum Beispiel „Max Mustermann anrufen“ sagt. Kurze Augenblicke später wird die Verbindung aufgebaut.

Technische Daten
Marke und Modell Ford Tourneo Custom 2L
Version / Ausstattung 2.2 CDTi 155PS/ Titanium
Motor
Hubraum (ccm) / Bauart 2.198/ R4-Turbodiesel
Leistung (kW / PS) 114 / 155
Drehmoment (Nm) / Umdrehungen 385 / 1.600
Antriebsart Frontantrieb
Getriebeart manuelle Sechs-Gang-Schaltung
Abmessung und Gewicht
Länge/Breite/Höhe (mm) 5.339/ 1.986/ 1.976
Radstand (mm) k.A.
Wendekreis (m) k.A.
Leergewicht (kg) 2.242
Kofferraum (Liter) 1.447 - 6336
Bereifung Testwagen 215/65 R 16
Verbrauch
Krafstoffart Diesel
Kombiniert laut Werk (l/100km) 6,5
CO2-Emissionen (g/km) / Abgasnorm 177 / Euro 5
AS24-Verbrauch (l/100km) 8,99
Fahrleistungen
Werksangabe 0-100km/h (s) k.A.
AS24-Sprint 0-100km/h (s) k.A.
AS24-Bremstest 100-0km/h (m) k.A.
Höchstgeschwindigkeit (km/h) 157
Preise
ab (Euro) 45.279,00
Empfohlene Extras Parkpiepser vorn/hinten in Kombination mit Rückfahrkamera (Teil des 853 Euro teuren Sicht-Pakets)
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Viel Ausstattung

Ein Lederlenkrad, eine 230-Volt-Steckdose, eine beheizbare Frontscheibe, Sitzheizungen und Armlehnen vorne, eine Lichtautomatik, ein statisches Abbiegelicht, ein Regensensor, eine Klimaanlage (leider keine Automatik), ein Tempomat und eine Reihe von Assistenten sorgen zudem für Entspannung und Sicherheit. Zu letzteren tragen unter anderem ein Spurhalte-Assistent und ein Müdigkeitswarner sowie vier Airbags bei. Eine Rückfahrkamera mit einem leider etwas kleinen Bild im Rückspiegel in Kombination mit Parkpiepsern sowie die für ordentlichen Überblick sorgende Rückspiegel-Armada nehmen die Furcht vorm Einparken. Zumal mit dem riesigen Van dank eines relativ kleinen Wendekreises das Rangieren nicht zu Plackerei ausarten muss.

Über den elektrisch verstellbaren Fahrersitz dürfte so ziemlich jeder seine ideale Sitzposition finden und kann man alsdann den Motor über einen klassischen Zündschlüsseldreh, bei dem man gelegentlich etwas fummelig das Lenkradschloss lösen muss, den Motor starten. Im Bug rumpelt der stärkste von drei verfügbaren Dieselmotoren: ein 2,2-Liter-TDCi mit 155 PS und 385 Newtonmeter Drehmoment. Auch nach dem Warmlauf bleibt der Selbstzünder akustisch präsent, verstummt dank einer Start-Stopp-Automatik allerdings gelegentlich an Ampeln ganz. Die stramme Kupplung verlangt beim Anfahren nach einem gewissen Maß an Feingefühl im Zusammenspiel mit dem Gaspedal und wird der Ungeübte leicht mal den Motor abwürgen. Das sechsstufige, manuelle Getriebe passt ansonsten gut zum Motor, gelegentlich wünscht man sich allerdings eine nicht bestellbare Automatik, vor allem bei Stop-and-Go-Verkehr. Beim Anfahren noch etwas träge, nimmt der 2,2-Tonner in den höheren Fahrstufen einigermaßen stramm Fahrt auf: Rund 16 Sekunden dauert allerdings der Sprint, maximal sind aufgrund einer Abregelung 157 km/h möglich. Vor allem leer fährt sich der große Kölner noch angenehm forsch, sind jedoch in größerer Zahl Fahrgäste und etwas Gepäck an Bord, bleibt von dem längsdynamischem Potenzial einiges auf der Strecke.

Kein feiner Gleiter

Die Starrachsen-Konstruktion ist klar auf hohe Zuladung hin ausgelegt, allerdings verlangt das Fahrwerk mit zunehmendem Gewicht und Geschwindigkeit dem Fahrer mehr Aufmerksamkeit ab. Liegt der Trumm bei leerer Fahrt noch einigermaßen präzise auf der Straße, hat man bei voller Bude vor allem auf holperigen Untergrund und bei Spurrillen besser beide Hände am Lenkrad. Spätestens dann ist der Custom in fast schon nerviger Weise schwammig und auch nicht sonderlich schluckfreudig. Eine Handlichkeit oder gar ein kurvenfreudiges Fahrverhalten, wie es etwa die neue V-Klasse bieten kann, ist dem eher rustikal ausgelegten Ford fremd. Autobahnausfahrten peilt man eher im gelassener Sonntagsfahrer-Tempo an, wobei sich der hochbauende Trumm gutmütig verhält. Oft reicht angesichts der Massen die Kraft der Motorbremse nicht aus und muss man entsprechend oft die etwas stumpf wirkenden Bremsen zur Tempodrosselung beanspruchen. Erfreulich hingegen: Selbst auf Kopfsteinpflaster klappert hier nichts, allerdings baut sich ein allgemeines Dröhnen durch Eigenschwingungen der Karosserie auf. Ansonsten ist der Tourneo Custom aber ein angenehm leises Fahrzeug, bei dem die Windgeräusche erst so ab 130 km/h die vorderen Fahrgäste bei der Konversation dazu nötigt, die Stimme anzuheben. In Richtung Höchstgeschwindigkeit nimmt das Geräuschniveau sehr deutlich zu.

Beim Verbrauch darf man keine Wunder erwarten, denn die große Stirnfläche und die zu bewegenden Massen verlangen nach einer üppigeren Menge Energie. Der Normwert soll bei eigentlich noch bescheiden klingenden 6,5 Litern liegen, praktisch muss man allerdings mit Werten zwischen 8 und 10 Liter rechnen, je nach Fahrweise und Beladung. Im Schnitt waren es bei uns genau 8,99 Liter je 100 Kilometer, was angesichts der Fahrzeugklasse als angemessen erscheint. Befüllt wird der große 80-Liter-Tank übrigens über einen sogenannten Komfort-Tankverschluss, der auf ein Schraubelement verzichtet und man einfach nur den Rüssel in die Öffnungen stecken muss. Beim Rausziehen tropft es allerdings gerne nach.

Wer viel will, muss auch viel zahlen

Obwohl ein Ford, muss man sich beim Tourneo Custom kostentechnisch auf einiges gefasst machen, denn der bei rund 38.000 Euro liegende Basispreis lässt sich mit dem stärksten Motor, der längeren Karosserie und der höchsten Ausstattung Titanium auf 45.000 Euro treiben. Die wichtigsten Extras obendrauf und die 50.000-Euro-Grenze ist erreicht. Teurer wird es allerdings auch nicht.

Angesichts der umfangreichen Serienausstattung kommt man im Vergleich zur V-Klasse aber immer noch einigermaßen günstig weg. Beim Mitbewerber von Mercedes lässt sich der Preis problemlos jenseits von 70.000 Euro treiben, was dann allerdings auch mit einem Luxus einhergeht, der in dieser Klasse Seinesgleichen sucht. So gesehen langt der Tourneo Custom zumindest preislich nicht ganz so deftig zu. Ford hat einen in vielen Punkten angenehm modernen und mit diversen Nettigkeiten aus dem Pkw-Programm bestückten Riesen-Van im Portfolio. Mit dem verfeinerten Luxus- und Technikarsenal der neuen Mercedes V-Klasse kann der Kölner allerdings nicht mithalten. Vielmehr ist der Kölner ein weiterhin eher rustikaler Vertreter im Segment der supervariablen Stauraum-Giganten. Wer besonders viel Wert auf möglichst viel Platz legt und sich an der Möglichkeit erfreuen kann, mehr als 6.000 Liter Gepäck oder bis zu neun Fahrgäste zu transportieren, bekommt hier einen hochkompetenten Raumriesen.

Die angesichts von 155 PS eher mäßigen Fahrleistungen, das schwammige und bisweilen etwas unkomfortable Fahrwerk oder die Klimaanlage ohne Automatikfunktion gehören zusammen mit einer eher durchschnittlichen Qualitätsanmutung zu den weniger rühmlichen Aspekten. Und so gesehen erscheint sein Preis eigentlich nur in Relation zum überragend guten Raumangebot bemerkenswert günstig zu sein.

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