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Test: Smart Roadster Coupé – Bauchschrittmacher

Halb so hoch wie ein normales Auto, zwei enge Sitze, in die man sich unter größten Mühen hineinwinden muss, praktisch kein Kofferraum, ein winziger Dreizylinder-Motor - und ein Grundpreis von knapp 20.000 Euro.

Auf den ersten Blick scheint das Smart Roadster Coupé so unsinnig wie ein Kühlschrank mit Grillfunktion. Doch der Wagen hat nur einen Zweck: Spaß machen. Und das macht er verdammt noch mal wie kaum ein anderes Auto. Ganz wichtig beim Smart Roadster Coupé: Um ihn zu genießen, muss man jeglichen rationalen Gedanken bei Seite wischen. Sonst kommt man aus dem Kopfschütteln erst gar nicht heraus. Also nehmen wir uns zwei Minuten Zeit für autogenes Training: Wir holen tief Luft, die Vernunft weicht aus dem Kopf, wir atmen aus, konzentrieren uns auf den Bauch; die Schultern werden locker, die Hände sind fest am Lenkrad, Rumpf und Hintern eins mit den Sportsitzen. Geht doch.

Sobald der Zündschlüssel gedreht wird, meldet sich die Ratio kurz zurück. Im Leerlauf klingt der nur 700 Kubikzentimeter große Dreizylinder so windig wie die winzigen Plastikarmaturen billig aussehen. Insgesamt macht der Qualitätseindruck einiger im Innenraum verwendeten Materialien alles andere als eine gute Figur - und das für 20.000 Euro. Stopp. Derlei Gedanken wollten wir diesmal bei Seite lassen.

Wackeldackel

Holprig bewegt sich der Kleine vom gepflasterten Hof, und auch auf der Straße spürt der Fahrer jeden Gullydeckel, jede Bodenwelle, jede Querfuge. Da ist es wieder, das Kopfschütteln, diesmal unfreiwillig und eher ein Nicken - ein zustimmendes Nicken. Ja, so muss sich ein puristischer Roadster anfühlen, und auch anhören. Sobald nämlich die Drehzahl steigt, röhrt das Motörchen laut und heiser und verlangt nach mehr Gas. Dass der Automatikmodus des Sechsganggetriebes trotz Kickdown-Funktion überhaupt nicht zum Auto passt, kann vernachlässigt werden. Denn zum Glück kann man per Schaltwippen eigenhändig durch die Gänge springen. Zwar dauert es nach jedem Fingerzug einige Augenblicke, bis der Gangwechsel vollzogen und der Ladedruck wieder aufgebaut ist. Doch sobald man sich auf die kurzen Verzögerungen eingestellt hat, geht es giftig vorwärts.

Der Dreizylinder-Turbomotor leiste nur 82 PS, muss damit aber nicht einmal 800 Kilogramm bewegen. Das ergibt ein Leistungsgewicht von 9,6 Kilogramm pro PS - ein respektabler Sportwagenwert. Ja, das Roadster Coupé ist ein Sportwagen. Jede Abbiegespur ist eine Schikane, jeder U-Turn eine Haarnadelkurve, jeder Ampelstart ein Wettkampf mit den Großen. Und groß sind sie alle, die anderen. Man sitzt so tief am Boden, dass der nebenstehende Fiat Punto wie ein amerikanischer SUV wirkt. Sogar vom Renault Twingo im Rückspiegel geht eine gewisse Bedrohung aus. Also schnell weg hier. Die Ampel schaltet von Rot auf Gelb - Gas - und bei Grün sind die Hintermänner schon weit zurück.

Halsbrecher

Mit großen Augen verfolgen die Passanten den Giftzwerg. War die letzte Kurve doch ein wenig zu schnell gefahren? Ist der Wagen von außen genauso laut wie von innen? Oder liegt es einfach am gewagten Design? Wohl Letzteres. Eine Kollegin, die den Wagen nach einer kurzen Testfahrt nicht mehr hergeben wollte, umschrieb den Roadster folgendermaßen: Extrem hoher Aufmerksamkeitsfaktor. Auf Münchens Flaniermeilen provoziert der Kleine mehr Blicke und ausgerenkte Hälse als manch großer Sportwagen - und verhilft zu einem Date in der Waschstraße.

Auf der Autobahn geht es nicht ganz so rasant vorwärts. 82 PS sind eben nur 82 PS, und 110 Newtonmeter Drehmoment (bei 3.000 U/min) auch keine Wucht. Wer will, kann zwar bis zu 180 km/h schnell fahren, doch empfehlenswert ist es nicht. Schon ab Tempo 150 herrschen im Cockpit orkanartige Windgeräusche. Zusammen mit der nahezu ungedämmten Beschallung des Motors ist der Geräuschpegel mit dem geringen Gewicht auf der Vorderachse das beste Argument, baldmöglichst auf die nächstbeste Landstraße auszuweichen.

Go-Smart

Schnell noch das elektrische Stoffdach öffnen und die dicke Wollmütze aufsetzen, schon kann der Spaß beginnen. Je kurviger die Straße, desto launiger gestaltet sich die Fahrt. Schalten, Bremsen, Gasgeben, linksrum, rechtsrum - bei kaum einem Auto ist der Vergleich mit einem Go-Kart treffender als beim Smart Roadster: Nur knapp 3,5 Meter kurz, kaum Karosserieüberhänge, extrem niedrig und leicht, dazu eine breite Spur und ein tiefer Schwerpunkt, Breitreifen (205/50 R 15), eine gnadenlos direkte Lenkung und der Heckmotor. Dass der Sound nicht von vorne kommt, sondern von hinten den Kopf umschallt, steigert das Vergnügen noch einmal um eine Potenz.

Je länger die Kurvenhatz dauert, je besser man den hohen Grenzbereich einzuschätzen lernt, desto größer wird der Wunsch, dass das griffige Lenkrad auch noch etwas kleiner zu haben wäre. Aber das verbietet die Sicherheitspolitik der Marke Smart, denn irgendwo muss ja noch Platz für den Airbag sein. Sicherheit wird generell groß geschrieben: Der Roadster hat ebenfalls die Tridion-Sicherheitszelle, die bereits dem Smart Coupé zu einem Spitzenplatz im ADAC-Crashtest verhalf. Dazu kommen Gurtstraffer mit Gurtkraftbegrenzer, ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung, Bremsassistent und  ESP. Letzteres hält sich angenehm lange zurück, erlaubt auch kleinere, völlig harmlose Rutschpartien. Den Smart Roadster liebt man oder hasst man. Kopfmenschen wende sich mit dem Zeigefinger an der Stirn ab: In den zwei mikroskopischen Staufächern (59 Liter Platz unter Fronthaube; 86 Liter unter dem Glasdach bei geschlossenem Verdeck) bringt man gerade einmal eine halbvolle Einkaufstüte und eine leichte Baumwolljacke unter. Einen Beifahrer kann nur mitnehmen, wer auf engen Körperkontakt steht. Für den Ein- und Ausstieg sollte man sich vorher über die Körperfalttechnik von Schlangenmenschen erkundigen - oder die Dachholme abbauen. Und für längere Strecken braucht man eine Klinikpackung Ohropax, die bei 20.000 Euro Grundpreis eigentlich schon dabei sein sollte.

Bauchmenschen dagegen dürfen zufrieden Grunzen. So viel puren Fahrspaß gibt es im 21. Jahrhundert nur noch ganz selten - und außer im Smart Roadster Coupé nicht für 20.000 Euro. Eine vergleichbare Straßenlage und dazu ein Sechsganggetriebe mit Schaltwippen bieten beispielsweise Porsche oder Ferrari; beide sind für Otto N. unerschwinglich. Go-Kart-Fahren wird im Viertelstunden-Takt abgerechnet. Das Roadster Coupé dagegen sorgt jeden Tag für ein Grinsen im Gesicht und Kribbeln im Bauch.

Ein schlechtes Gewissen muss man mit dem Renn-Smart auch nicht haben. Die Sicherheitsausstattung ist vorbildlich, der Durchschnittsverbrauch liegt bei etwa 6 Litern Super plus und in Sachen Umwelt erreicht er die steuerbefreite EU4-Norm.

Da nickt dann auch ein vernünftiger Kopfmensch zustimmend.

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