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Test: Toyota GT86 – Alltagsheld

Verführen? Kann er. Schnell? Kann er. Kurven? Kann er. Driften? Und wie! Zumindest wenn du es kannst. Doch kann der neue Liebling der Landstraße und das mit Abstand emotionalste Modell, welches Toyota seit langen aufgelegt hat auch Alltag?

Wir haben den GT86 zum Kleinfamilien- und Autobahn-Langstreckentest hergenommen und waren angesichts dieser wenig artgerechten Nutzung zwischenzeitlich leicht genervt, doch keineswegs enttäuscht. Der GT86 ist eine Erscheinung, die auffällt, die sich für einen Toyota sogar ungewöhnlich deutlich aus der Menge abheben kann. Dabei zieht die Langschnauze nicht mit martialischer Aufmachung die Blicke auf sich, sondern weckt vielmehr mit einer ausbalancierten, klassischen Coupé-Aura Begehrlichkeiten. Lediglich mit den beiden volumigen Auspuffendrohren macht der Japse ein wenig auf dicke Hose und weicht marginal von dieser Understatement-Linie ab. Und einen ernsten Optik-Makel gibt es auch noch: Der Schriftzug „GT86“ am Heck ist im Vergleich zum sonst so filigranen Drumherum etwas klobig ausgefallen. Warum eigentlich?

Eine Kleinigkeit, vor allem im Vergleich zur großen Tür, die zum eleganten Entern der Fahrgastzelle einlädt und durch die man ohne größere Verrenkungen auf weit unten verbindlich umklammernde Sitze gleiten kann. Im Zwei-Personen-Betrieb ist das zunächst ganz wunderbar und bequem, doch wehe, wenn man versucht, die potenziell vier Sitzplätze zu belegen. Bad idea! Höchstens ein kleiner Erwachsener kann im Fond sitzen, sofern der Beifahrer in Hinblick auf die Beinfreiheit mit einer drastischen Einschränkung leben kann. Dieser Mehrpersonen-Modus ist aber allein auf kurzen Strecken hinnehmbar.

Des einen Leid, des anderen Freud

Insofern sollte man nur Kinder ins Heck verfrachten, doch wenn diese klein genug für den Fond sind, brauchen sie auch einen Kindersitz, der sich wiederum nur mit Mühe durch die Seitentür bugsieren lässt. Das ist kein Spaß und auch das spätere Angurten der eigenen Brut gestaltet sich alles andere als vergnüglich. Immerhin dürfte der Nachwuchs die rotköpfige Anschnallakrobatik Papas mit freudigem Gurgeln kommentieren. Wenn auch umständlich, so könnte man dem GT86 letztlich aber doch eine gewisse Familientauglichkeit unterstellen.

Hierfür bietet auch der Kofferraum einigermaßen alltagstaugliche Dimension, denn 243 Liter sind für ein 4,24 Meter langes Auto zwar unterdurchschnittlich groß, für ein Coupé mit eng anliegendem Blechkleid allerdings ordentlich und dank der umlegbaren Rückbank auch noch ausbaufähig. Ein Sack Erde, eine Getränkekiste und drei volle Einkaufstüten lassen sich selbst im Drei-Personen-Betrieb unterbringen. Und auch für Fernreisen ist ausreichend viel Stauraum-Potenzial geboten.

Auf langer Fahrt

Es kann also losgehen zu einer 750 Kilometer langen Tour auf der deutschen Autobahn von Nord nach Süd. Was eigentlich ein Klacks ist, erlebt man im GT86 beschwerlicher als man meinen möchte. Zwar ist der Flitzer im Vergleich zu einem Lotus Exige ein Luxus-Palast, der zudem noch mit Lederakzenten, Klimaautomatik und Supernavi verwöhnt. Doch andererseits bringt das knackig-sportliche Fahrwerk mehr Härten an die Wirbelsäule als man brauchen kann. Und das Geräuschniveau wird jenseits der Autobahn-Richtgeschwindigkeit aufdringlich. Schließlich schränken die zunächst angenehm umklammernden Sitze die Bewegungsfreiheit ein, was auf Dauer anstrengt. Nach sechs Stunden Fahrt ist man froh, sich wieder ungezwungener bewegen zu können.

Und noch etwas fällt auf, wenn man lange auf der Autobahn unterwegs ist: Der GT 86 ist ein Sportwagen, dem es in Hinblick auf Durchzug ein wenig an Schmackes fehlt. Bis in die Landstraßen-Tempo-Regionen nimmt man das eigentlich nicht als Manko wahr, doch wenn man in höhere dreistellige Temporegionen vorstechen will, muss man sich mit einem eher beschaulich wirkendem Geschwindigkeitszuwachs begnügen. Hier wird der GT86 seinem rassigen Boliden-Status kaum mehr gerecht.

Für Topspeed braucht es Anlauf

Der kernige Zwei-Liter-Boxer-Benziner mobilisiert zwar satte 200 PS, doch das bescheidene Drehmoment von 205 Newtonmeter kommt erst bei 6.000 Motorumdrehungen zur vollen Blüte. Jeder Mittelklasse-TDI kommt da spritziger aus dem Knick. Entsprechend viel Anlauf braucht es, will man die durchaus respektable Maximal-Geschwindigkeit von 230 km/h erreichen. Das zieht sich, doch am Ende zeigte die Digitalanzeige im zentralen Analog-Drehzahlmesser sogar stolze 240 km/h an.

Immerhin! So richtig Lust macht der GT86 allerdings in solchen Tempo-Regionen über längere Zeit nicht, denn der Wagen liegt mit seinen schmalen Reifen etwas unruhig auf dem Asphalt und der Geräuschpegel bewegt sich jenseits von Gut und Böse. Dann lieber gemächliche 160 Sachen auf dem serienmäßigen Tempomat justieren und das Nippon-Coupé gleitet entspannt im Wohlfühlbereich auf den berühmt-berüchtigten deutschen Autobahnen ins Kilometerfresser-Nirwana.

Durstig, aber kein Säufer

Wer es nicht allzu eilig hat, kann auch einen akzeptablen einstelligen Verbrauchswert herausfahren, der sich in unserer Praxis zwischen acht und neun Litern einpendelte. Geht es flotter voran, erreicht der Spritkonsum auch mal zweistellige Regionen. Der Subaru-Boxer ist halt kein Effizienzwunder, ein Säufer aber auch nicht.

Am Ende jeder Autobahntour, mag sie auch noch so kurz sein, erwartet den GT86-Fahrer jedoch die Erlösung, denn in der Ausfahrt zeigt der Querdynamik-Akrobat sein wahres Können. Zugegeben, beim Spurwechsel deuten die direkt ansprechende Lenkung und das leichte Gewicht von 1,2 Tonnen sein äußerst verspieltes Naturell bereits unmissverständlich an, doch erst wenn man ihn mit harter Hand so spielerisch und lustbetont durch spannungsgeladene Radien peitschen kann, wenn dank Sperrdifferenzial das Hinterteil frech auskeilt und der Adrenalinschub die Lippen taub werden lässt, dann, erst dann hat man den GT86 genau dort, wo er hingehört: am turbulenten Limit.

Vor allem der Preis ist heiß

Und spätestens dann hat man auch die Antwort auf die Frage, warum man mindestens 29.000 Euro für ein nur leidlich alltagstaugliches Auto bezahlen soll, denn angesichts der fokussierten Auslegung auf Fahrspaß scheint er dann doch jeden Euro wert zu sein. Es geht natürlich noch fokussierter als mit einem GT86, zum Beispiel mit dem eingangs erwähnten Lotus Exige. Doch der rangiert noch weit hinter dem Toyota-Coupé in der Komfortskala und erfordert eine deutlich höhere Investitionsbereitschaft.

Eine finanziell interessante Alternative ist jedoch der Nissan 370Z, der mit seinem 328 PS starken V6 deutlich mehr Vortriebsdampf bietet und der trotz des teuren Heckantriebs mit seinen 32.900 Euro nur unwesentlich teurer als der GT86 ist. Ein rassiges Sportcoupé auf seine Alltagstauglichkeit hin zu testen, scheint eigentlich überflüssig. Jedoch: So ziemlich alle Autotester haben sich in ihren Erfahrungsberichten bisher auf das dynamische Querfahrpotenzial des GT86 konzentriert. Wer allein von diesen dann meist euphorischen Lobeshymnen inspiriert einen GT86 kaufen will, sollte gewarnt sein: Wenn der Nachwuchs kommt, wird’s eng. Ein VW Golf GTI kann Spaß und Alltag für den selben Preis wesentlich besser in Einklang bringen.

Doch dem Wolfsburger fehlt eine entscheidende Zutat: Der Heckantrieb, der von Querfahr-Fans schon für sich gesehen als alleinseligmachende Eigenschaft betrachtet wird. Und diese Freunde der fokussierten Dynamiklehre sehen Toyotas Pocket-Racer als absolute Bereicherung.

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