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Vergleichstest: Ford Focus RS vs. Abt Golf GTI – Ballermänner

Der Ballermann ist bekanntlich ein Hort deutscher Fröhlichkeit auf den Balearen. Gutes Benehmen wird dort nicht unbedingt erwartet – Auffallen dagegen schon.

In München, vor den Toren der AutoScout24-Redaktion, fielen der Kölner Ford Focus RS und der Neu-Allgäuer Abt Golf GTI ähnlich aus der Rolle wie die Ballermann-Gäste – beide sind Machos mit viel Muckis. Wie Bodybuilder nach einer Anabolika-Kur stehen die beiden vor einem, nur mit dem Unterschied, dass hier auch noch viel Grips drin steckt.

Unauffällig geht nicht

Den Ford gibt es zusätzlich zum Muskel-Outfit in drei eher auffälligen Lackierungen: Frost-Weiss und Indianapolis-Blau (480 Euro) stehen für dezentere Zeitgenossen neben Ultimate Green (1.230 Euro) zur Wahl. Das knallige Grün, ist in Kombination mit schwarzen und schlecht lackierten grünen Kunststoff-Teilen an Auffälligkeit nicht zu toppen. Egal wo der RS parkt, fährt oder versucht, sich zu verstecken, die Leute glotzen, fotografieren und grinsen. Sie sehen dem Focus an, dass er vor Muskeln kaum laufen kann.

Der Abt GTI tritt hingegen in gesellschaftsfähigem Carbon Steel Grey Metallic an. Das perfekt verarbeitete Aero-Paket, das aus Frontgrill, -schürze, -lippe, LED-Tagfahrlicht, Seitenschwellern, Heckschürzen-Set inklusive Vier-Rohr-Endschalldämpfer und Dachspoiler besteht, ziert für 5.526 Euro, sauber lackiert, dem GTI, ist aber, anders als beim RS, kein Muss.

Leistung satt an der Vorderachse

Den bisweilen prolligen Auftritt können sich beide Modelle leisten. Im Focus RS schlägt das modifizierte Herz des Focus ST, und der GTI verfügt dank größerem Turbolader ebenfalls über ein beinahe angsteinflößend starkes Triebwerk. Rund 300 PS mobilisieren beide. Im RS erledigt das ein Reihen-Fünf-Zylinder mit 2.522 Kubikzentimeter Hubraum, 440 Newtonmeter und 305 PS – zumindest steht diese Leistung im Datenblatt. Denn in Natura fällt es ihm schwer, dem nominell fünf PS und 40 Newtonmeter schwächeren Zwei-Liter-Vier-Zylinder-GTI zu folgen.

Lediglich beim Durchzug im sechsten Gang führt der Ford den Abt vor. In dieser Beschleunigungsphase ist im GTI eine leicht wellige Geschwindigkeitszunahme zu spüren, die oft bei leistungsgesteigerten Turbo-Fahrzeugen auftritt. Im Focus gelingt die Übung linearer und der Fahrer merkt, dass mehr Hubraum im Spiel ist. Zudem reagiert der Ford flinker auf Gasbefehle.

DSG muss nicht sein

Ein kurzer Zug an der linken Schalttaste am Lenkrad reicht jedoch, um im Golf blitzschnell einen besser passenden Gang zu aktivieren. Denn Abt bietet den GIT mit 90-Zusatz-PS auch mit Direkt-Schalt-Getriebe (DSG) an. Dass VW das DSG nur bei Motoren bis 350 Newtonmeter Drehmoment einsetzt, ist den Abt -Leuten egal. Sie passen die Software an, was sich an der Schaltcharakteristik des Doppelkupplungsgetriebes bemerkbar macht. Aus Gründen der Kupplungsschonung werden die Gänge nun sanfter eingelegt. Die Kupplung schleift nicht nur beim Anfahren, sondern auch unter Volllast kurzzeitig bei jedem Gangwechsel. Die bessere Wahl heißt unserer Meinung nach Handschaltung. Die hat der Ford serienmäßig, und sie passt wunderbar zum Kölner.

Eine Sekunde

Die zwei schleifenden GTI-Kupplungen ändern nichts an der formidablen Sprintzeit von 5,9 Sekunden. Exakt den Wert gibt auch Ford für den RS an. Unser Messergebnis weist jedoch nur eine 6,9 aus. Bis Tempo 160 holt der Abt sogar fast drei Sekunden heraus, den 0-160-km/h-Sprint bewerkstelligt er in hurtigen 12,8 Sekunden.

Letztendlich bestätigt die von uns gemessene RS-Endgeschwindigkeit von 256 km/h, dass von den versprochenen 305 PS wohl das ein oder andere Pferd am Messtag nicht angetreten war. Zudem wird der Vortrieb des Focus ab Tacho 240 zäh. Der Abt zuckelt locker dran vorbei und beendet den Kampf gegen die Widerstände erst bei gemessenen 266 km/h. Umso erfreulicher, dass der niedersächsische Bayer deutlich sparsamer ist als der Ford. Bei einer flotten Autobahnfahrt liefen im indirekt einspritzenden Focus 17,7 Liter in die fünf Brennräume, der GTI-Direkteinspritzer benötigte auf 100 Kilometer gerechnet 14,6 Liter. Im Mittel begnügt sich der Ford mit 14,2 Liter Super und der Golf mit 12,1 Litern – Super Plus allerdings.

Grandiose Bremswerte

Glücklich, wer sich bei solchem Vorwärtsdrang auf standfeste Stopper verlassen kann. Ford montiert vorne 336-Millimeter-Scheiben, die von Faustsattel-Anlagen gegriffen werden und perfekt dosierbar sind. Abt traut der 312-Millimeter-GTI-Serienbremse zu, auch aus hohem Tempo zuverlässig zu verzögern. Bei den obligatorischen 100-bis-0-km/h-Bremsungen stimmt das. Nach formidablen 34,5 Metern kommt der mit Michelin Pilot Sport bereifte Abt zum Stillstand. Der Focus benötigt bei derselben Übung mit Conti SportContact3-Pneus zwei Meter mehr – immer noch ein glänzender Wert. Sportfahrer sind dennoch nicht schlecht beraten, den GTI mit einer modifizierten 345-Millimeter- Bremsanlage aus dem Audi A6 zu bestellen – 2.300 Euro kostet sie bei Abt.

In Punkto Fahrwerk kommt Abt dem gesteigerten Dynamik-Anspruch der GTI-Klientel nicht nach. Lediglich eine Feder-Tieferlegung bieten die Kemptener an, die in Kombination mit dem ab Werk erhältlichen adaptivem DCC-Fahrwerk (Dynamik Chassis Control für 945 Euro) allenfalls unter Komfortaspekten überzeugt. Aber wer will das bei dem Auto? Mit Abt-Federn verringert sich die Bodenfreiheit um rund 30 Millimeter. Die montierten 19-Zoll-BR-Sonderräder (3.600 Euro) schleifen bei Kurvenfahrt früh in den Radhäusern und die Frontschürze bei Einfahrten oft auf dem Boden.

Der Abt Golf hoppelt um Kurven

Zudem hoppelt der Abt auf schlechten Straßen und hat aufgrund der fehlenden Differenzialsperre Traktionsprobleme beim Herausbeschleunigen aus Kurven. Ein Gewindefahrwerk will Abt dennoch nicht anbieten. Der Sportfahrer-Fraktion, der das Standardfahrwerk und 18-Zoll-Räder nich genügen, empfehlen wir daher ein KW-Gewindefahrwerk und andere Stabilisatoren.

In diesem Punkt hat der Ford dem Abt Einiges voraus. Seine Abstimmung ist perfekt. Dank traktionsfördernder Revo-Vorderachse, mechanischem Sperrdifferenzial und perfekt ausbalanciertem Fahrwerk ist der Focus RS ein Meister der Rennstrecke und Schlupf an der Vorderachse kaum ein Thema. Hinzu kommt, dass der Rest-Komfort noch als solcher bezeichnet werden darf. Superb agiert auch die direkte, feinfühlige und zielgenaue Lenkung.

Technische Daten
Marke und Modell Ford Focus RS Abt VW Golf GTI
Ausstattungsvariante
Abmessung und Gewicht
Länge/Breite/Höhe (mm) 4.402 / 1.842 / 1.497 4.213 / 1.779 / 1.471
Radstand (mm) 2.640 2.578
Wendekreis (m) 13 11
Leergewicht (kg) ab 1.468 ab 1.415
Kofferraum (Liter) 385 bis 1.247 350 bis 1.305
Bereifung Testwagen 235/35 R19 Conti Sport Contact 3 225/35 R19 Michelin Pilot Sport
Motor
Hubraum (ccm) / Zylinder (Zahl, Bauart) 2.522 / 5, Reihe 1.984 / 4, Reihe
Leistung (PS) 305 300
Drehmoment (Nm) / Umdrehungen 440 ab 2.300 400 ab 3.200
Antriebsart Front Front
Getriebeart 6-Gang-Hand-Schalter 6-Gang-DSG
Verbrauch
Krafstoffart Super 95 Super Plus 98
Kombiniert laut Hersteller (l/100km) 9,4 7,4
CO2-Emissionen (g/km) 225 / Euro 4 173 / Euro 5
AS24-Verbrauch (l/100km) 14,2 12,1
Fahrleistungen
Werksangabe 0-100km/h (s) 5,9 6,1
AS24-Sprint 0-100km/h (s) 6,9 5,9
AS24-Bremstest 100-0km/h (m) 36,6 34,5
AS24-Höchstgeschwindigkeit (km/h) 256 266
Preise
ab (Euro) 34.900 26.650
Empfohlene Extras Einparkhilfe hinten (400 Euro) Abt-Leistungssteigerung auf 300 PS mit 2-Jahre-Garantie bis 100.00 Kilometer ab Neukauf des GTI (5.300 Euro), Abt-Bremsanlage (2.360 Euro). Folgende Extras werden ab Werk geordert: 18-Zoll-Aluräder Detroit (600 Euro), Xenonscheinwerfer (1.295 Euro)
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Fazit

Der Ford Focus RS erhält von uns das Prädikat besonders wertvoll. Denn er steht für eine aussterbende Art von Automobil. Wie unser Vergleich zeigt, muss ein Tuning-Fahrzeug gegen ihn antreten, da kein ähnliches Großserien-Produkt zu vergleichbarem Preis auf dem Markt ist. Der fragwürdige Dodge Caliber zählt hier nicht. Der RS ist fahraktiv wie kaum ein zweites Auto und versprüht schon im Stand Rennsport-Gefühle, und Fahrwerk und Lenkung werden ihnen gerecht. Der Motor begeistert mit charismatischem Klang und spontaner Gasannahme. Allerdings ist er – der Ballermann lässt grüßen – ein hemmungsloser Säufer, der sich auf der Autobahn nicht selten 20 Liter und mehr gönnt.

Der Abt GTI hat hingegen zwei Gesichter. Je nach Outfit kann er Gentleman oder Bodybuilder sein. Egal welches er zur Schau stellt, schneller ist der Kemptner immer, so lange es geradeaus geht. Zudem ist er deutlich sparsamer. Mit seinem knarzigen Vier-Zylinder-Sound kann er jedoch nicht mit dem vollendet aufspielenden RS-Orchester konkurrieren. Ebenso hinkt der Abt beim Thema Fahrwerk hinterher. 19-Zoll-Reifen passen nicht richtig zum GTI und das DCC-Serienfahrwerk harmoniert nicht mit dem Abt-Federsatz. Dafür nimmt der 300-PS-GTI bereits ab 32.000 Euro unauffällig den Platz vor der Haustür ein, zwei Jahre Garantie bis 100.000 Kilometer ab Neukauf inklusive. Den Focus RS gibt es mit guter Ausstattung ab 34.900 Euro ausschließlich als Ballermann.

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